Afghanistan: „Die Bundesregierung hat versagt“
Die Eroberung von Kundus durch die radikalislamischen Taliban in Afghanistan schickt Schockwellen durch die deutsche Politik: Alles, was die Bundeswehr dort in 20 Jahren unter einem hohen Blutzoll erreicht hat, scheint wieder verloren zu gehen. Norbert Röttgen (CDU) bringt nicht nur deshalb eine Rückkehr der Soldaten ins Spiel.
„Wenn es militärische Fähigkeiten der Europäer, auch der Deutschen, gibt, die jetzt benötigt würden, dann sollten wir sie zur Verfügung stellen“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Doch die Taliban militärisch zu stoppen – mit dem Gedanken ist Röttgen weitgehend alleine.
Verteidigungsministerium winkt bereits ab
Es sei „nicht erkennbar“, dass es für die Rückkehr der Bundeswehr eine politische Mehrheit in Deutschland gebe, sagte Arne Collatz, Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montag in Berlin. „Deswegen gehe ich nicht davon aus, dass wir einen Monat nach dem Abzug der deutschen Kräfte darüber nachdenken sollten, wieder in einen Kampfeinsatz dort hineinzugehen.“
Der rasche Vormarsch der Taliban – sie halten inzwischen mindestens drei Provinzhauptstädte – bringt auch die ehemaligen Hilfskräfte der Bundeswehr und ihre Angehörigen in Lebensgefahr. Vor allem in der Region Kundus. Sie sollten eigentlich nach Deutschland in Sicherheit gebracht werden.
Viele Hilfskräfte sitzen noch in Afghanistan fest
Stand vergangenen Donnerstag hatten 471 Ortskräfte mit ihren Angehörigen fertige Reisedokumente, insgesamt 2851 Personen. Davon sind aber nur 296 Ortskräfte und 1796 Angehörige in Deutschland angekommen.
Verteidigungspolitiker Wolfgang Hellmich (SPD) kritisiert das Verfahren für ihre Einreise als zu bürokratisch: „Was ist das für eine irrwitzige Vorstellung, dass sich die Familien auf den Weg machen, das Verfahren bewältigen und sich selbst die Flüge buchen? Wenn ich auf die Karte schaue, sehe ich, wie die Taliban die Städte einkesseln.“
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Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger sagte: „Die Bundesregierung hat dabei versagt, allen Ortskräften in Afghanistan umfassend, sicher und schnell zu helfen.“