Markus Söder (CSU, r.) verzichtet auf eine Kanzlerkandidatur und unterstützt den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz.
  • Markus Söder (CSU, r.) verzichtet auf eine Kanzlerkandidatur und unterstützt den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz.
  • Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Analyse: Kann Merz das Ampel-Chaos wirklich beenden?

Friedrich Merz also! Der CDU-Vorsitzende hat sich nun auch die Kanzlerkandidatur der Union gesichert. Seinem Einzug ins Kanzleramt scheint nur noch wenig im Weg zu stehen. Oder? So einfach ist die Sache dann doch nicht. Zum einen dürften sein Alter und seine fehlende Regierungserfahrung im Wahlkampf zu größeren Themen werden. Zum anderen wird er irgendwann erklären müssen, mit wem er eigentlich regieren will. Und da wird’s knifflig.

Diese Zahl spricht schon mal gegen Merz: Laut Umfragen will ihn momentan nur etwa jeder vierte Bundesbürger als Bundeskanzler sehen. Er ist damit ähnlich unbeliebt wie Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD). Vor allem bei Frauen kommt der heute 68-Jährige nicht besonders gut an. In den 90er Jahren hat sich Merz einiges ruiniert: Beispielsweise betrachtete er damals Vergewaltigungen in der Ehe nicht als strafwürdiges Verbrechen. Und auch beim Abtreibungsrecht hat sich Merz immer wieder gegen Lockerungen ausgesprochen. Er hat bei der Finanzheuschrecke „Black Rock“ Millionen verdient und fliegt Privatjet. All das macht ihn nicht gerade volksnah und sympathisch.

Nur Konrad Adenauer war beim Amtsantritt älter

Dazu kommt sein Alter: Kurz nach der Bundestagswahl 2025 wird Merz 70. Nur Konrad Adenauer war beim Amtsantritt älter. Sollte Merz sogar ein zweites Mal gewählt werden – was sein erklärtes Ziel sein müsste –, würde er noch mit 78 Jahren in einem der anstrengendsten Jobs arbeiten, den die Republik zu vergeben hat.

Mindestens genauso groß ist das Problem der fehlenden Regierungserfahrung. Merz war bisher lediglich Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag in den 90er Jahren. Wie gravierend dieser Makel sein kann, musste „Kanzlerkandidatin“ Annalena Baerbock (Grüne) 2021 erfahren. Von null auf Kanzler – keine Chance! Der Beweis, dass Merz seinen Worten in Regierungsverantwortung auch Taten folgen lassen kann, steht noch aus.

Aber natürlich hat Merz auch seine Stärken. Eine – Machtbewusstsein und Zielstrebigkeit – hat er bereits in der K-Frage ausgespielt: Zumindest in der CDU scheint sein Rückhalt heute sehr viel größer zu sein, als es der von Armin Laschet 2021 war. Und auch die großen Egos aus der CSU in München hat er (bisher) im Griff. Merz scheut sich nicht, populistische Karten zu spielen, auch wenn manchmal die emotionalen Gäule mit ihm durchgehen. Trotzdem nehmen ihm viele auch das Staatsmännische ab.

Merz wird früher oder später seine Karten auf den Tisch legen müssen

Im Vergleich zu Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD) setzt Merz bisher weniger auf das Thema Gerechtigkeit, sondern eher auf äußere Sicherheit und den Glauben an „den Markt“. Damit könnte der CDU-Chef durchaus auch für Wähler attraktiv werden, die von der Ampel enttäuscht sind, deshalb aber nicht gleich die politischen Ränder wählen wollen. Aber genügt das, um spätestens 2025 das Ampel-Chaos tatsächlich zu beenden? Merz wird früher oder später seine Karten auf den Tisch legen müssen. Würde er als Kanzler wirklich die „Rente mit 70“ einführen, die er fordert? Wie genau will er den von ihm als „zu fett“ betrachteten Sozialstaat ummodeln? Und vor allem: mit wem?

Merz wird sich nicht ein ganzes Wahlkampfjahr um die Beantwortung dieser Fragen drücken können. Zumal er – Stand jetzt – als haushoher Favorit ins Rennen geht. Aber natürlich wird die Union nicht alleine regieren können. Das führt zu der Frage, welchen Koalitionspartner sich Merz aussuchen würde. Der AfD hat Merz eine glasklare Absage erteilt und sie u. a. als „antisemitisch“ bezeichnet. Dann blieben gegenwärtig eigentlich nur SPD und/oder Grüne. Inhaltlicher Zoff wäre auch bei diesen Konstellationen programmiert.

Hauptgegner für Merz sind die Grünen

Die Grünen betrachtet Merz offiziell als Hauptgegner seiner Partei. Nach seiner Kür ließ er sich aber ein Hintertürchen offen: Wenn sich die Grünen nur änderten, kämen sie womöglich doch als Partner infrage, erklärte er. Und setzte sich damit deutlich von CSU-Chef Markus Söder ab. Es käme wohl darauf an, welche Prioritäten Merz wirklich setzen will: Mit den Grünen ließen sich der Sozialstaat und die Bürokratie leichter reformieren als mit der SPD. Die Klimapolitik oder die Legalisierung von Cannabis ließe sich mit der SPD eher abwickeln als mit den Grünen. 

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Klar ist jedenfalls, dass die Union zwar gute Aussichten hat, den Kanzler zu stellen. Die Regierungsbildung dürfte aber wohl noch schwieriger und langwieriger werden, als es bei der Ampel der Fall war.

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