Ausgebombt und verschleppt: Die Lage in Mariupol
Bis zu 100 Bomben am Tag, kein Strom oder fließendes Wasser: Die Zustände in der ukrainischen Stadt Mariupol sind katastrophal. 400 Zivilisten sollen am Samstag in einem Schulgebäude verschüttet – und tausende Ukrainer:innen nach Russland verschleppt worden sein.
Sie fliehen vor Bomben – und werden nach Russland entführt. Der Stadtverwaltung von Mariupol zufolge ist genau das in der Ukraine passiert: „Die Besatzer haben illegal Menschen aus dem Stadtteil Livoberezhniy und aus dem Schutzraum des Sportklubs verschleppt, wo sich mehr als Tausend Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, vor den ständigen Bombardierungen versteckt hatten“, erklärte der Stadtrat am späten Samstagabend auf Telegram. Den Angaben nach wurden die Ukrainer:innen in spezielle Lager gebracht, wo sie russische Streitkräfte kontrolliert und ihre Handys und Dokumente überprüft hätten. Mehr als Tausend Menschen seien so bereits verschleppt worden. Die Angaben ließen sich noch nicht unabhängig überprüfen.
Mariupol: 80 Prozent der Wohnungen zerstört
Dass Zivilisten aus Mariupol und den Regionen Luhansk und Donbass nach Russland gekommen sind, hatten auch russische Nachrichtenagenturen berichtet. „Ria Novosti“ meldete insgesamt fast 130.000 Menschen, darunter 60.000 Kindern. Moskau spricht dabei aber von „Evakuierungen“, für die das Verteidigungsministerium auch rund 200 Busse bereitgestellt habe.
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Schon seit zwei Wochen steht die Hafenstadt im Südosten der Ukraine unter heftigem Beschuss. Täglich werden laut dem Stadtrat bis zu 100 Bomben auf die Stadt geworfen. 80 Prozent der Wohnungen sollen bereits zerstört sein. In der vergangenen Woche konnten zwar fast 40.000 Menschen über Korridore aus der 430.000-Einwohner-Stadt fliehen, doch noch immer harren Schätzungen zufolge mehr als 300.000 Menschen in den Kellern oder Bunkern aus. Ohne Strom, Gas oder fließendes Wasser.
Krieg in Ukraine: Rund 400 Menschen in Schulgebäude verschüttet
Am Wochenende sollen russische Truppen weiter ins Stadtgebiet eingedrungen sein. Auch gab es heftige Kämpfe um das Stahlwerk Azovstal, das eines der größten in Europa ist und schwer beschädigt worden sein soll. Sorge bereitet auch das Schicksal von 19 Kindern und Jugendlichen, die Berichten zufolge seit Tagen in einer Spezialklinik für Lungenkrankheiten ausharren und nicht abgeholt werden können.
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Zudem wurde am Samstag erneut offenbar erneut eine zivile Einrichtung bombardiert: Dem Stadtrat zufolge wurde eine Kunstschule angegriffen, in der 400 Menschen Schutz gesucht hatten – darunter Frauen, Kinder und Ältere. „Menschen liegen noch immer unter den Trümmern“, so der Stadtrat am Sonntag. Es liegen noch keine Angaben zu möglichen Todesopfern vor.
Putins Krieg: Bereits mehr als 900 Zivilisten getötet
In einem eindringlichen Video hat nun der ukrainische Polizist Michail Vershnin den US-Präsidenten Joe Biden und den französischen Präsidenten Emmanuel Macron um Luftverteidigungswaffen gebeten. „Kinder und alte Menschen sterben. Die Stadt ist zerstört und wie vom Erdboden verschluckt“, sagt er. Im Hintergrund sind zerstörte Gebäude zu sehen. „Sie haben versprochen, dass es Hilfe geben wird. Geben Sie uns diese Hilfe.“ Mariupol ist strategisch wichtig, weil Putin mit ihrer Einnahme eine Verbindung zwischen den Separatistengebieten im Osten des Landes und der 2014 annektierten Halbinsel Krim herstellen könnte.
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Auch in anderen Teilen des Landes gibt es schwere Gefechte. In Charkiw wurde ein mehrstöckiges Wohnhaus beschossen. Dabei gab es ukrainischen Angaben nach mehrere Todesopfer, darunter ein neunjähriger Junge. Auch in der nordukrainischen Stadt Tschernihiw sollen viele Einwohner keinen Strom haben und nicht heizen können. Am Sonntag wurden um Kiew, Charkiw und Mariupol sieben humanitäre Korridore für Zivilisten und Hilfsgüter eingerichtet. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Putins Einmarsch mehr als 900 Zivilisten getötet und rund 1460 verletzt worden. Die tatsächliche Anzahl ist wohl weit höher.