Autolobby jammert über EU-Klimaplan
Europa will 2050 der erste komplett klimaneutrale Kontinent sein. Dafür hat die EU-Kommission nun einen knallharten, konkreten Plan vorgestellt. Vor allem die deutsche Autoindustrie läuft bereits dagegen Sturm.
„Fit for 55” hat die EU ihr Vorhaben genannt. Der Titel steht für die 55 Prozent, um die der Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 gesenkt werden sollen. „Die Wirtschaft der fossilen Brennstoffe stößt an ihre Grenzen”, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bei der Vorstellung. Kohle, Gas oder Öl sollen deshalb schrittweise verteuert werden.
Klimasozialfonds für die Ärmeren
Um Menschen mit niedrigen Einkommen mit steigenden Energie- und Transportkosten nicht alleine zu lassen, ist ein Klimasozialfonds geplant. Im Wesentlichen geht es um drei Bereiche:
Autoverkehr:
Ab 2035 verbietet die EU die Neu-Zulassung von Verbrennern, also Motoren mit Benzin oder Diesel. Schon zuvor wird der Grenzwert für den zulässigen CO₂-Ausstoß schrittweise gesenkt, bei Verstößen soll es empfindliche Strafen geben. Hildegard Müller vom Automobilverband VDA wettert gegen ein „faktisches Verbot” von Verbrennern. Auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hält von der Vorgabe wenig.
Damit Deutschland seine Verpflichtungen einhalten könne, würden bis 2030 mindestens 14 Millionen E-Autos benötigt, so Scheuer. Momentan sind es genau eine Millionen. Ein Problem: E-Autos sind heute noch erheblich teurer als Verbrenner. Immerhin: Die EU will Ladestationen für E- und Wasserstoffautos massiv ausbauen. Auf allen großen Hauptverkehrsstraßen soll es künftig alle 60 Kilometer Ladestationen geben und alle 150 Kilometer Wasserstofftankstellen. Kosten: 16 Milliarden Euro.
Fliegen:
Während Steuern auf Benzin schon heute ganz normal sind, ist Kerosin bisher davon befreit. Nun soll es für innereuropäische Flüge eine Kerosinsteuer geben. Die Befreiung wird innerhalb von zehn Jahren schrittweise abgeschafft. Private Geschäftsflüge und der Frachtverkehr sind davon aber ausgenommen. Die Lufthansa, die weltweit fliegt, befürchtet bereits Wettbewerbsnachteile gegenüber internationalen Konkurrenten.
Industrie:
Ab 2026 wird eine Importabgabe auf klimaschädliche Produkte aus Drittländern eingeführt. Importeure von Stahl, Aluminium, Zement und Düngemittel müssen nach einer Übergangszeit CO₂-Zertifikate entsprechend der Klimaschädlichkeit ihrer Einfuhren kaufen. Das soll Drittstaaten einerseits dazu bringen, ihre Industrien klimafreundlicher zu machen – was vor allem Entwicklungsländer vor Probleme stellen dürfte. Gleichzeitig soll durch den „CO₂-Grenzausgleichsmechanismus” eine Abwanderung von CO₂-intensiven Industrien verhindert werden.
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Mit der Umsetzung der Vorschläge müssen sich nun die EU-Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament beschäftigen. Kommissionsvize Frans Timmermans drängte am Mittwoch bereits zur Eile: „Dieses ist die alles entscheidende Dekade im Kampf gegen die Klima- und die Biodiversitätskrise.”