Beleidigter Bayer: Söder klagt über „norddeutsche“ Regierung – und bekommt Gegenwind
Rundumschlag des bayerischen Ministerpräsidenten: Markus Söder (CSU) beklagt in mehreren Medien die Arbeit der Ampelregierung. Und erhebt dabei Vorwürfe, die teils ziemlich konstruiert wirken. Unter anderem, dass eine „norddeutsche“ Regierung die Bayern absichtlich benachteilige. Nun gibt‘s Gegenwind – auch aus Söders angeblich vernachlässigter Heimat.
„Markus Söder, haben Sie das wirklich nötig? Ist das Ihr Niveau?“, fragt etwa der bayerische FDP-Landeschef Martin Hagen nach einem Söder-Interview mit der „Bild am Sonntag“. Dort beklagte der CSU-Chef, dass die Ampel als einzige Gemeinsamkeit eine „Umerziehung der Deutschen“ betreiben wolle. „Die gesellschaftliche Zeitenwende richtet sich gegen die Mehrheit der Normalbürger“, so Söder. „Es geht immer um Zwang statt um Freiheit.“ Es sei ebenso falsch, Gendern „zwanghaft zu verordnen“ wie etwa „staatliche Vorgaben zur Ernährung zu machen“ oder aber „Drogen wie Cannabis freizugeben“.
FDP-Landeschef Hagen: „Söder lügt“
Hagens klare Antwort: „Markus Söder lügt. Die Ampel verordnet weder Gendern noch eine bestimmte Ernährungsweise. Das einzige, was stimmt: Ja, die Ampel legalisiert Cannabis. Das ist aber der Gegenteil von Zwang.“
Auch Hagens Parteikollege, Bundesjustizminister Marco Buschmann, antwortete harsch auf Söders Vorwürfe. Unter anderem hatte der sich gewundert, wie eine „bürgerliche Partei wie die FDP“ all diese linke Politik unterstützen könne, etwa den Paragrafen 218 abzuschaffen. Dass die FDP in vielen gesellschaftlichen Fragen seit langem eher Mitte-Links-Positionen vertritt, ließ Söder unerwähnt.
Kommentar: Söders Populismus – das ist wirklich ein rechter Schmarrn
„Wo hat die FDP neue Vorschriften zu „Gendern“ oder „Ernährung“ zugestimmt?“, fragte Buschmann. „Das ist ,Schmarrn‘, wie man in Bayern sagt!“
Söders Breitseite gegen Agrarminister Cem Özdemir (Grüne)
Und wie kommt der CSU-Chef auf seine Anwürfe? In puncto Ernährung etwa hatte sich Söder über die Özdemir-Idee mokiert, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse zu senken. Nicht aber auf Fleisch, Fisch & Co., also das, was laut Söder den „Normalbürger“ deutlich mehr interessiert. Dass Söder sich zum Anwalt des Volkes macht, ist dabei nicht anrüchig, im Gegenteil.
Diese Haltung teilt er unter anderem ausgerechnet mit der Linken. Obwohl seine Vorwürfe zu Gendern & Co. eher nach dem alten Spruch von Franz-Josef Strauß klingen, dass es „rechts von der CSU“ keine Partei im Parlament geben dürfe. Und ebenso wie die Linke fordert Söder nun ein 365-Euro-Ticket.
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Der bayerische SPD-Spitzenkandidat Florian von Brunn sprach darauf von „Scheinheiligkeit“. Schließlich habe die CSU im Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern besagtes Ticket festgehalten. Aber nie umgesetzt. In Söders fränkischer Heimat Nürnberg hatte auch die CSU das Ticket jüngst verhindert.
Und dann wäre da noch der Vorwurf, die Ampel sei ein „norddeutsches Konstrukt“. Ein regelrechtes „Bayern-Bashing“ spürten sie im Süden, so Söder. Und dass kein Bayer im Ampel-Kabinett sei – angeblich „eine bewusste Entscheidung“. Dass die Bayerin Claudia Roth (Grüne) immerhin den Halb-Ministerposten Beauftragte für Kultur hat – vergaß Söder geflissentlich. Auch beim Gas werde der Süden bestimmt benachteiligt. Belege lieferte der CSU-Chef nicht.