Ösi-Kanzler Nehammer nach Treffen mit Putin: „Kein optimistischer Eindruck“
Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf riskanter Mission: Er traf am Montag – als erster Regierungschef eines EU-Landes nach Kriegsbeginn – Wladimir Putin. Nehammer sprach von einem „sehr direkten, offenen und harten“ Treffen.
Putin empfing den österreichischen Kanzler in seiner Residenz in Nowo-Ogarjowo im Moskauer Gebiet. Nach nur einer Stunde war aber auch schon wieder Schluss. Die wichtigste Botschaft des Bundeskanzlers an den russischen Präsidenten sei gewesen, dass dieser Krieg aufhören müsse, denn im Krieg gebe es auf beiden Seiten nur Verlierer, so das österreichische Kanzleramt.
Nehammer nach Treffen mit Putin: „Kein optimistischer Eindruck“
„Das Gespräch mit Präsident Putin war sehr direkt, offen und hart“, sagte der Kanzler laut Mitteilung. Vor Journalisten in Moskau sagte Nehammer anschließend, er habe nach dem Gespräch „keinen optimistischen Eindruck“. Die russische Armee bereite eine Offensive in der Ostukraine vor, so Nehammer. „Diese Schlacht wird mit Vehemenz geführt werden.“ Deshalb müssten Zivilisten aus den umkämpften Gebieten über humanitäre Korridore in Sicherheit gebracht werden.
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Nehammer hatte zuvor als erster Regierungschef eines EU-Landes seit dem Kriegsausbruch vor mehr als sechs Wochen mit Putin persönlich gesprochen.
Der Kanzler, der zuvor bereits in die Ukraine gereist war, forderte zudem eine Aufklärung der Kriegsverbrechen. Dabei könnten die Vereinten Nationen helfen, sagte er nach seinem Besuch in Kiew und in dem Vorort Butscha, wo Hunderte Leichen von Zivilisten gefunden worden waren. Es gebe Beispiele wie aus den Jugoslawienkriegen, dass solche Verbrechen aufgeklärt werden könnten. Diejenigen, die dafür verantwortlich seien, müssten zur Rechenschaft gezogen werden.
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Putin habe ein Misstrauen an den Tag gelegt, was die unabhängige Verfolgung dieser Verbrechen angehe, so Nehammer. Österreich habe aber angeboten, sich für eine Aufarbeitung durch die internationale Strafjustiz einzusetzen.
Nehammer: „Es braucht die persönliche Konfrontation“
Nehammer verteidigte sein Treffen mit Putin auch gegen Kritik. Er habe im Machtzentrum der Russischen Föderation die Schrecken des Krieges direkt ansprechen wollen. „Es braucht die persönliche Konfrontation“, betonte er. Das Treffen mit Putin sei mit den Spitzen der EU und mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abgesprochen gewesen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte Nehammers Besuch. Dass Scholz auch in absehbarer Zeit nach Moskau reisen wolle, verneinte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann.
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Österreich ist Mitglied der Europäischen Union, nicht aber der Nato. In der Verfassung ist eine immerwährende Neutralität festgeschrieben. Nehammer hatte nach Kriegsbeginn jedoch mehrmals deutlich gegen die russische Aggression Stellung genommen – und seine Solidarität mit der Ukraine bekundet.
Nehammer war bereits am Samstag in die Ukraine gereist und hatte dort mit Präsident Selenskyj gesprochen. Was aber auch bekannt ist: eine gewisse Russland-Freundlichkeit Österreichs. So sitzen beispielsweise etliche österreichische Politiker aus unterschiedlichen Lagern in Gremien russischer Unternehmen. (alp/dpa)