Blutige Entscheidungsschlacht um den Donbass
Im Donbass toben inzwischen „Kämpfe wie im Zweiten Weltkrieg“, sagt der ukrainische Außenminister, mit Artilliere-Duellen ebenso wie Mann gegen Mann. Die russische Armee verzeichnet dabei immer mehr Geländegewinne. Trotzdem scheut sich der Westen weiter, dem verzweifelten Bitten aus Kiew nach modernen Kampfpanzern nachzukommen. Offenbar gibt es eine informelle Vereinbarung der Nato-Staaten dazu.
Noch vor gut zwei Wochen versuchte die russische Armee mit einem Zangenangriff in der Ostukraine einen einzigen großen Kessel zu bilden. Doch das gelang nicht. Nun hat die russische Armeeführung eine Strategie gewählt, die besser zu funktionieren scheint: Bei Bachmut, Zolote, Sjewjerodonezk und Awdijiwka versucht sie, ukrainische Kräfte in mehreren kleineren Gebieten gleichzeitig einzukreisen. Die ukrainische Armee musste sich teilweise zurückziehen, da eine Kappung der Versorgungslinien drohte.
40 Städte der Region stehen unter Beschuss
„In einigen Richtungen haben die russischen Gruppierungen zweifellos taktische Erfolge“, gab Olexander Motusjanyk, Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kiew, zu. Von einem großen Rückzug der Ukrainer aus dem Gebiet könne aber keine Rede sein. 40 Städte in der Region sollen momentan unter russischem Dauerbeschuss stehen.
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Das Verwaltungsgebiet Luhansk im Donbass sei inzwischen zu 95 Prozent von russischen Truppen erobert, sagte Gouverneur Serhij Hajdaj. Die Lage sei „extrem schlecht“. Besonders Bachmut steht im Fokus der Russen. Die 70.000-Einwohnerstadt ist strategisch wichtig. Von dort führen Verbindungsstraßen zu allen Abschnitten der Front. Auch deshalb hat die ukrainische Armee dort ihre Kommandozentrale aufgeschlagen.
Russen versuchen Bachmut zu erobern
Über Bachmut läuft auch der Nachschub für die Städte Lyssytschansk und Sjewjerodonezk. Die beiden Orte sind von hoher symbolischer Bedeutung: Sie sind die letzten Städte in der Region Luhansk, die noch von der Ukraine gehalten werden. Auch deshalb toben dort momentan besonders heftige Kämpfe. Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj bezifferte die Zahl der täglich getöteten ukrainischen Soldaten mit bis zu 100.
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko forderte die Weltgemeinschaft beim Wirtschaftsforum in Davos erneut auf, schnell weitere Waffen zu liefern. „Wir brauchen schnelle Entscheidungen. Alles geht so langsam“, klagte er.
Absprache innerhalb der Nato: Keine modernen Panzer
Doch auf manche Waffensysteme wie den Leopard I-Panzer wird die Ukraine wohl vergeblich warten. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Siemtje Möller (SPD), hatte kürzlich erklärt, es gebe unter den Nato-Staaten eine „informelle Absprache“, „dass keine Schützen- oder Kampfpanzer westlichen Modells geliefert werden“. Diese Absprache wurde der Deutschen Presseagentur nun aus Nato-Kreisen bestätigt. Ein Grund: Die modernen Panzer könnten von Russen erobert werden, die dann ihre Geheimnisse entschlüsseln könnten. Außerdem könnten entsprechende Lieferungen von Moskau als Kriegseintritt der Nato gewertet werden.
CDU-Verteidigungspolitiker Johann Wadephul (CDU) ist empört: Eine solche Absprache sei im Bundestag nie erwähnt worden, behauptet er. Außerdem verstoße das gegen einen bindenden Beschluss des Bundestags, schwere Waffen zu liefern.
CDU droht sogar mit Untersuchungsausschuss
Tatsächlich hat die Bundesregierung die bisher ausgebliebenen Lieferung schwerer Waffen mit notwendigen Instandsetzungen, Munitionsmangel oder Nato-Verpflichtungen begründet. Wadepuhl: „Das ist entweder Unfähigkeit gepaart mit Schlamperei oder Bundestag und Öffentlichkeit werden mit immer neuen Pseudobegründungen hinter die Fichte geführt, um eine systematische Verzögerungsstrategie zu tarnen.“
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Der SPD-Verteidigungsexperte Wolfgang Hellmich widerspricht: „Über die Vereinbarung wurde der Verteidigungsausschuss Mitte Mai vollumfänglich informiert.“ Die CDU droht nun sogar mit einem Untersuchungsausschuss.