Bundestag erlaubt Spitzel-Software
Für die einen ein notweniger Aufholprozess, für die anderen Einfallstor für staatliche Überwachung und Hacker: Der Bundestag hat am Donnerstag zwei Gesetze beschlossen, die Verfassungsschutz und Bundespolizei neue Möglichkeiten bei der Überwachung verschlüsselter Kommunikation geben.
Künftig soll der Verfassungsschutz Kommunikation über WhatsApp und andere verschlüsselte Messenger-Dienste mitlesen dürfen – falls eine entsprechende Anordnung im Einzelfall erteilt wird. Die Dienste dürfen künftig so genannte Staatstrojaner nutzen, eine Spionagesoftware, die auf Smartphones oder Computer aufgespielt wird. Diese lässt Sicherheitslücken entstehen, mit deren Hilfe staatliche Stellen auf Geräte zugreifen können.
Überwachung kann präventiv erfolgen
Auch die Bundespolizei hat neue Rechte erhalten. Wann die Beamten die neuen Möglichkeiten nutzen können, ist in dem Gesetz festgelegt. Dort heißt es unter anderem, dies sei der Fall, wenn „bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass in „absehbarer Zeit eine Straftat“ begangen werden könnte. Im Klartext: Die Überwachung kann präventiv erfolgen und wann der Ernstfall eintritt, ist vor allem Interpretationssache.
Der größte Verfechter der neuen Kompetenzen war Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Er hatte seine Haltung auch mit dem Kampf gegen Rechtsextremismus begründet. Die Union steht insgesamt voll hinter dem Gesetz. Damit sei der Inlandsgeheimdienst mit seinen Möglichkeiten bloß wieder auf dem Stand angekommen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war, so das Argument.
Die SPD ist in der Frage gespalten
In der SPD ist die Lage nicht ganz so eindeutig. SPD-Chefin Saskia Esken hatte sich vor allem offen gegen die Staatstrojaner gestellt. Dem Argument, dass sich der Rechtsstaat entschieden gegen seine Feinde zur Wehr setzen können müsse, folgten die meisten Sozialdemokraten aber – und verhalfen dem Gesetz so zur Mehrheit.
Die Opposition stimmte hingegen geschlossen dagegen. André Hahn von der Linken nannte die Neuerungen verfassungswidrig, Konstantin von Notz (Grüne) „hoch problematisch“. Stephan Thomae (FDP) sagte Richtung GroKo: „Ihre Sicherheitspolitik ist selbst ein Sicherheitsrisiko.“ Kriminelle könnten nun Schwachstellen nutzen, um Firmen zu erpressen und Identitäten zu stehlen. Auch ausländische Nachrichtendienste könnten damit spitzeln.
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Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die neuen Gesetze vor dem Bundesverfassungsgericht überprüft werden.