Das „Deutschland“-Problem der Grünen: Was haben sie gegen den Begriff?
Berlin –
Hunderte Grünen-Mitglieder wollen das Wort „Deutschland“ aus dem Titel ihres Wahlprogramms streichen – mit teils bizarren Begründungen. Diese Steilvorlage nutzt die politische Konkurrenz nur zu gerne. Bekommen die Grünen im beginnenden Wahlkampf nun ein „Deutschland-Problem“?
In den Umfragen könnte es kaum besser laufen für die Grünen. Umso argwöhnischer wird die Partei von den Mitbewerbern beäugt. Die stürzen sich nun auf diverse Anträge zum Grünen-Parteitag im Juni, die den Titel des Programms „Deutschland. Alles ist drin“ ändern wollen und sich an der Erwähnung der Nation stören.
Grüne: Warum gibt es ein Problem mit „Deutschland“?
„Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit. Und nicht Deutschland“, schreibt der Initiator eines Antrags, Sebastian Schneiß, ein Mitarbeiter im Büro des Grünen-Europaabgeordneten Erik Marquardt. In einem anderen Antrag heißt es, das Wort Deutschland könnte sehr negativ assoziiert werden à la „Deutschland über alles“ oder „Deutschland first“. Der Titel sei nichtssagend und würde eher zur AfD passen. Die Rechtspopulisten haben ihr Wahlprogramm mit „Deutschland. Aber normal“ überschrieben. Bei der Linken, SPD und FDP kommt „Deutschland“ nicht im Titel vor, die Unionsparteien haben noch kein Programm.
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CSU-Generalsekretär Markus Blume wirft den Grünen ein „gestörtes Verhältnis zum Vaterland“ vor und fragt: „Regieren wollen ohne Bekenntnis zum Land – was kommt als Nächstes?“ Auch sein CDU-Kollege Paul Ziemiak springt auf den Zug auf: „Kannste dir nicht ausdenken“, schrieb er auf Twitter und schlug ironisch vor, wo die Grünen das Wort noch streichen könnten: bei „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Deutschland einig Vaterland“. Auch aus der FDP kommt deutliche Kritik.
Robert Habeck: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen“
Annalena Baerbock und Robert Habeck, die das Wahlprogramm mit verfasst haben, versuchen den Ball flach zu halten: Nur einige wenige von insgesamt 3500 Änderungsanträgen für den Grünen-Parteitag beschäftigten sich mit dem Thema, heißt es aus der Parteizentrale beschwichtigend.
Tatsächlich scheint das Verhältnis des linken Grünen-Flügels zu Vaterlandsliebe und Patriotismus gespalten. Viele scheuen sich, das Nationale zu stark zu betonen, und sprechen von Deutschland am liebsten im europäischen Kontext. Sogar Habeck schrieb noch 2010 in seinem Buch „Patriotismus – ein linkes Plädoyer“: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen.“ Er habe mit dem Begriff Deutschland noch nie etwas anfangen können, und das sei bis heute so.
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Nach der Nominierung Baerbocks sagte Habeck bedauernd: „Ich hätte dieser Republik gerne als Kanzler gedient.“ Das Wort „Deutschland“ nahm er dabei nicht in den Mund.