Butscha
  • Ukrainische Soldaten sind in Butscha, einem Vorort von Kiew eingerückt. Ihnen bot sich ein Bild des Grauens. Die Straßen waren mit toten Zivilisten gepflastert.
  • Foto: picture alliance/dpa/AP | Vadim Ghirda

Das Massaker von Butscha: Straßen voller toter Zivilisten

Jeder Krieg hat seine ganz eigenen Tiefpunkte: Im Bosnien-Krieg waren es die serbischen Massaker von Srebrenica. Im Irak-Krieg der USA das Foltergefängnis Abu Graib. Im Ukraine-Krieg könnte der Name Butscha künftig stellvertretend für die Grausamkeiten gegen Zivilisten stehen.

Butscha ist ein Vorort von Kiew, im Nordwesten der Stadt gelegen. Praktisch seit Kriegsbeginn hatten russische Truppen das strategisch wichtige Städtchen besetzt. Nun zogen sie nach heftigen Kämpfen in der Region offenbar auf Befehl des Kreml ab. Die Ukraine kontrolliert nun nach eigenen Angaben wieder „die gesamte Region um Kiew“.

Butscha: Grausame Bilder aus dem Kiewer Vorort

Als nun ukrainische Truppen in Butscha einzogen, bot sich ihnen ein Bild des Grauens. Auf den Straßen lagen dutzende Tote, offenkundig vor allem Zivilisten. Einige Menschen hatten die Arme hinter den Rücken gefesselt, andere waren mit dem Fahrrad unterwegs, als sie womöglich gezielt getötet wurden.

Eine ältere Frau in Butscha umarmt strahlend einen ukrainisches Soldaten. Die Bewohner des Städtchens durchlebten unter russischer Besatzung die Hölle. picture alliance/dpa/AP | Vadim Ghirda
Butscha
Eine ältere Frau in Butscha umarmt strahlend einen ukrainisches Soldaten. Die Bewohner des Städtchens durchlebten unter russischer Besatzung die Hölle.

Aus Hass? Aus Frust über den Abzug? Aus Rache? Oder gezielt, um den ukrainischen Widerstandswillen zu brechen? Das ist im Einzelfall (noch) nicht bekannt. Laut ukrainischen Angaben sind inzwischen mehr als 280 Menschen in einem Massengrab beigesetzt worden. Unabhängig ließen sich diese Informationen nicht bestätigen. Allerdings kursieren in den sozialen Netzwerken Videos und Fotos aus Butscha. Ein BBC-Team war bereits vor Ort, um sich ein eigenes Bild zu machen.

Human Rights Watch spricht von Kriegsverbrechen

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft der russischen Armee gezielte Hinrichtungen und Plünderungen vor. In einem am Sonntag in Warschau veröffentlichten Bericht wird auch die Erschießung eines Mannes in Butscha am 4. März erwähnt. Laut Augenzeugenberichten hatten russische Soldaten fünf Männer gezwungen, am Straßenrand niederzuknien. Dann hätten sie ihnen die T-Shirts über den Kopf gezogen und einen der Männer erschossen.


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Ähnliche Fälle sind auch in anderen Orten gut dokumentiert. Am 27. Februar wurden dem Bericht zufolge mindestens sechs Männer im Dorf Staryi Bykiw bei Tschernihiw von Soldaten exekutiert. Eine 31-jährige Frau berichtete, dass sie in einer Schule in der Region Charkiw mehrmals von einem Soldaten vergewaltigt worden sei.„Vergewaltigung, Mord und andere gewaltsame Akte gegen Menschen in der Gewalt russischer Truppen sollten als Kriegsverbrechen untersucht werden“, fordert HRW-Chef Hugh Williamson.

Habeck: „Das wird nicht unbeantwortet bleiben“

In der deutschen Politik könnte das Massaker von Butscha einen weiteren Wendepunkt markieren. „Dieses furchtbare Kriegsverbrechen kann nicht unbeantwortet bleiben“, erklärte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Ich halte eine Verschärfung der Sanktionen für angezeigt. Das bereiten wir zusammen mit unserer Partnern in der EU vor“, so der Politiker weiter.

Auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kündigte weitere Sanktionen gegen das russische Regime an. „Wir werden die Sanktionen gegen Russland verschärfen und die Ukraine noch stärker bei ihrer Verteidigung unterstützen“, schrieb sie auf Twitter. Und weiter: „Die Bilder aus Butscha sind unerträglich. Putins hemmungslose Gewalt löscht unschuldige Familien aus und kennt keine Grenzen.“ Die Verantwortlichen für diese Kriegsverbrechen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz: „Gräultaten“

Kanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von „Gräueltaten“: „Straßen übersät mit Leichen. Notdürftig verscharrte Körper. Es ist von Frauen, Kindern und Alten die Rede, die unter den Opfern sind.“ Scholz forderte den Zugang von internationalen Organisationen wie dem Roten Kreuz zu dem Gebieten, um die Taten „unabhängig zu untersuchen und zu dokumentieren“.

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Der Kreml äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfe. Dort verkündete man am Sonntag zunächst lediglich stolz, wie viele Treibstoff- und Waffenlager man in der Ukraine erneut zerstört habe. Die Kämpfe im Land selbst konzentrieren sich momentan vor allem auf den Süden des Landes.

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