Der große Streit: Wer wird jetzt geboostert – und wo?
Die Pandemie ist erst vorbei, wenn genug Menschen immun gegen Corona sind – doch noch immer verweigern viele die schützende Impfung. Dabei müssen wir beim Piksen dringend schneller vorankommen – aber wie?
Vor einem Jahr lag die Sieben-Tage-Inzidenz hierzulande bei rund 100. Geimpft war niemand, knapp 1700 Menschen wurden mit Covid-19 auf Intensivstationen behandelt, binnen einer Woche starben 367 Infizierte. Und heute? Die Inzidenz liegt bei 150, knapp 1900 Menschen sind in Intensiv-Behandlung und rund 590 Infizierte jüngst binnen einer Woche gestorben, wie der „Welt“-Journalist Olaf Gersemann auf Twitter analysierte. Und das, obwohl wir mittlerweile eine Impfquote von gut 66 Prozent haben!
Karl Lauterbach: Macht die Impfzentren wieder auf!
Die Zahlen zeigen: Die vierte Welle rollt. Das Problem: Noch immer sind viele nicht geimpft. Wie könnte man das ändern? SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach fordert, die Impfzentren wieder zu öffnen. Es gebe „realistischerweise“ derzeit nicht viele Möglichkeiten „mit großer Wirkung“, schrieb er auf Twitter.
Nur wenn die Impfzentren wieder auf seien, könne man „schnelle Impfungen für Ältere“ anbieten – vor allem Auffrischer. Denn: Der Impfschutz bei denen, die zum Start der Impfkampagne vorrangig gepikst wurden, lässt langsam nach. Doch den sogenannten Booster, der für alle über 70 und Vorerkrankte bereits offiziell empfohlen ist, nehmen viel weniger Betroffene wahr, als es könnten.
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„Aktuelle Daten aus Israel zeigen, dass das Boostern einen ganz entscheidenden Unterschied macht, um die vierte Welle zu brechen“, sagte auch der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der „Bild am Sonntag“. Er forderte „einen Booster-Gipfel von Bund und Ländern.“ Ein Vorschlag, den Lauterbach unterstützt: „Wir haben bisher keinen vollständigen nationalen Überblick, wie viele Booster-Impfungen es in den Pflegeeinrichtungen überhaupt schon gegeben hat“, sagte er dem „Tagesspiegel“.
Hausärzte sauer auf Vorstoß von Jens Spahn
Grundsätzlich habe jeder in Deutschland Anspruch auf einen Booster und es sei auch genug Impfstoff da, sodass alle, die wollten, Auffrischungen bekommen könnten, hatte Spahn bereits letzte Woche dem RBB gesagt.
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Das sorgt nun für Unmut bei den Hausärzten: Man folge „der Empfehlung der Ständigen Impfkommission, und diese empfiehlt aktuell Drittimpfungen nur für über 70-Jährige und wenige andere Gruppen“, sagte Armin Beck vom Hausärzteverband dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Wir sind verärgert, dass (…) Spahn Erwartungen schürt, Booster-Impfungen seien für alle möglich.“ Das führe zu einem Ansturm und viel Erkläraufwand in den ohnehin oft schon überlasteten Praxen.
Lauterbach: Werden „als Panikmacher diffamiert“
Auch Lauterbach zeigte sich verärgert – und zwar über Menschen, die die aktuelle Zuspitzung klein redeten: „Leider werden diejenigen, die vor einer weiteren Welle warnen, JEDE STUNDE, als PANIKMACHER diffamiert. Wir halten das aus, alles gut. Aber es spielt Querdenkern und Impfskeptikern in die Hände“, schrieb er auf Twitter.
Dass immer noch Menschen freiwillig ungeimpft seien, kann er nicht verstehen: Wie er der „Rheinischen Post“ sagte, sei eins ganz klar: Die meisten Ungeimpften von heute seien bis Mitte März wohl „entweder geimpft, genesen oder leider verstorben.“