Präsident Recep Tayyip Erdogan
  • Präsident Recep Tayyip Erdogan demonstriert seine guten Beziehungen zu Afrika.
  • Foto: picture alliance/dpa/XinHua

Die Türkei weitet Einfluss auf Afrika aus – warum die EU das interessieren sollte

Keine Pöbeleien, keine Drohungen, keine Nazi-Vergleiche. Der türkische Präsident ist charmant und in Geberlaune. Es liegt an seinen Gästen: 13 Staatschefs und zahlreiche Minister aus Afrika waren am vergangenen Wochenende in Istanbul zu Besuch. Recep Tayyip Erdogan will seinen Einfluss auf dem Kontinent ausweiten – und trifft auf offene Arme.

In der EU hat die türkische Regierung nur noch wenig Freunde – in Afrika dafür eine ganze Menge. Erdogan wird hier umworben und hofiert. Kein Wunder, denn der türkische Präsident investiert eine Menge Geld und Arbeitskraft in Rüstungsgeschäfte, Bauprojekte und Militärkooperationen mit dem Kontinent.

Partnerschaftsgipfel in Istanbul

Auf dem dritten Partnerschaftsgipfel zwischen Afrika und der Türkei am Wochenende in Istanbul wurde die politische, wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit der nächsten fünf Jahre besprochen. Der Gipfel demonstriert der Welt, was ein Blick auf den afrikanischen Kontinent schon lange zeigt: Der türkische Einfluss ist hier allgegenwärtig – und in den letzten Jahren rasant gewachsen.

2009 hat die Türkei zwölf Botschaften in Afrika, heute sind es 43. Das Handelsvolumen stieg von fünf Milliarden Dollar 2003 auf etwa 25 Milliarden Dollar 2020. Doch damit nicht genug: Erdogan will es in den kommenden Jahren auf 50 Milliarden verdoppeln.

Türkei will ihre Rolle als globaler Player stärken

Am Horn von Afrika hat die Türkei ihren größten ausländischen Militärstützpunkt. Türkisches Militär bildet somalische Soldaten aus, türkische Firmen betreiben hier den Hafen und Flughafen. Ankara verkauft Afrika Waffen, gepanzerte Fahrzeuge, Drohnen, bietet Finanzkapital und Technologie.

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„Die türkische Charme- und Wirtschaftsoffensive in Afrika ist Teil einer Strategie, die die Rolle der Türkei als globaler Player stärken soll“, sagt Federico Donelli, Experte für türkisch-afrikanische Beziehungen von der Universität Genua, dem „Spiegel“.

Die türkische Regierung hat dabei jedoch nicht nur Militärprojekte und wirtschaftliche Knotenpunkte im Blick, sondern die gesamte Infrastruktur. Luxushotels, Wasserversorgung und Verkehrssysteme gehören ebenfalls dazu.

Wie China: Erdogan exportiert Waren und Werte

Das Vorgehen der Türkei erinnert an das von China. Präsident Xi Jinping baut seit Jahren die Infrastruktur Afrikas und seinen politischen Einfluss dort aus. Noch ist die EU der wichtigste Handelspartner des Kontinents, doch Xi und Erdogan exportieren nicht nur Waren, sondern auch Werte. Und sie schaffen Abhängigkeiten.


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Ankara hat in Afrika auch Moscheen und Bildungsstätten errichtet. Darunter sind 175 Schulen, die von der türkischen, regierungsnahen Maarif-Stiftung betrieben werden. Die Stiftung geriet im August zuletzt in die Schlagzeilen, als ihre Mitarbeiter zusammen mit äthiopischen Bundespolizisten eine Privatschule der Gülen-Bewegung in der Hauptstadt Addis Abeda unter ihre Kontrolle brachten.

Die EU sollte sich aus eigenem Interesse nicht zurücklehnen: Mit China und der Türkei maximieren zwei autoritäre Staaten ihren Einfluss auf Afrika. Sie werden als Freunde empfangen. Beide Länder wollen sich als globale Führungsmächte etablieren – und stehen nicht für eine liberale Politik.

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