Entwurf für Grundsatzprogramm vorgestellt: So will die CDU das Kanzleramt erobern
Eine deutsche Leitkultur, Bekenntnis zur Atomkraft, spätere Rente: Unter anderem mit diesen Themen soll es nach dem Machtverlust 2021 für die CDU und Chef Friedrich Merz zurück ins Kanzleramt und den Chefsessel gehen. Im gestern bekannt gewordenen Entwurf für das neue Partei-Grundsatzprogramm wird schnell deutlich: Es ist ein radikaler Systemwechsel – und der endgültige Bruch mit der Merkel-Ära.
„Sollte es zu einer vorgezogenen Bundestagswahl kommen, wären wir bereit“, sagte der Chef der Grundsatzkommission und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann gestern bei der Vorstellung des 70-seitigen Entwurfes. Die Menschen in Deutschland seien verunsichert und bräuchten Orientierung, so Linnemann. „Und wir werden mit diesem Grundsatzprogramm diese Orientierung geben.“ Die CDU hatte den Prozess zu einem neuen Grundsatzprogramm nach der desaströsen Wahlniederlage 2021 angestoßen. Es ist das vierte der Parteigeschichte.
CDU stellt neues Grundsatzprogramm vor
Um was geht es den Christdemokrat:innen? Das Thema, das wohl für die meisten Diskussionen sorgen dürfte: Migration. Der erste Punkt, der einen Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik bedeuten würde, ist das Konzept der sicheren Drittstaaten. So soll künftig jeder Asylbewerber in Europa in einen sogenannten sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen. Schneidet er postitiv ab, bleibt er in dem Staat. Deutschland würde dann in einem nächsten Schritt über Kontingente einen Teil der akzeptierten Asylbewerber aus den jeweiligen Drittstaaten übernehmen. So die Idee der CDU, die zu den Kontingenten aber noch keine Zahlen nannte.
Ein weiterer Punkt im Programm: die sogenannte deutsche Leitkultur. „Alle, die hier leben wollen, müssen unsere Leitkultur ohne Wenn und Aber anerkennen“, heißt es. Dazu gehörten die Achtung der Würde jedes Menschen, der Grund- und Menschenrechte, des Rechtsstaats, des Respekts und der Toleranz – sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels. „Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden.“ Der Begriff der Leitkultur ist nicht neu, bereits 2000 hat CDU-Chef Merz als damaliger Fraktionschef im Bundestag große Kontoversen damit ausgelöst. Zum Thema Extremismus heißt es in der CDU 2023: Der Kampf gelte denen, die Hass und Gewalt schürten und eine islamistische Ordnung anstrebten. „Die Scharia gehört nicht zu Deutschland.“ Und: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“
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Mit dieser klaren Eingrenzung setzt sich die Partei damit auch deutlich vom Satz des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff ab, der 2010 gesagt hatte: „Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Auch die „Wir schaffen das“-Haltung von Ex-Kanzlerin Angela Merkel erscheint im Gesamteindruck des neuen Grundsatzprogramms weit weg. Zudem plant die CDU künftig verpflichtende Sprachtests für Vierjährige. „Das Erlernen der Bildungssprache Deutsch hat Priorität.
Was die Partei außerdem will: eine geschlechtergerechte Sprache ohne „Gender-Zwang“ und ein Pflicht-Gesellschaftsjahr für alle Schulabgänger:innen. Die Lebensarbeitszeit soll für einen Teil der Bevölkerung steigen, indem „die Regelaltersgrenze an die Lebenserwartung gekoppelt wird“. Weiterer Punkt mit Zündstoff-Potenzial: Die Partei will ein Atomkraft-Comeback. (alp)