Erdogan
  • Am Freitag wird Präsident Erdogan zum Staatsbesuch in Berlin erwartet. Zuletzt irritierte er mit Aussagen zum Nahost-Konflikt.
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Erdogan-Besuch in Deutschland: So heikel war es lange nicht

Recep Tayyip Erdogan kommt nach Berlin. Schon früher waren das manchmal etwas heikle Termine. Doch nach den letzten Aussagen des türkischen Präsidenten zum Gaza-Konflikt wird der Besuch diesmal für die Bundesregierung wohl noch herausfordernder. Allerdings: Einiges spricht dafür, dass der „Sultan vom Bosporus“ sich an der Spree in Berlin eher zurückhalten wird.

Am Freitag steht der türkische Staatsbesuch an. Erst trifft Erdogan Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Am Abend gibt es ein gemeinsames Abendessen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Bei dem soll laut Regierungssprecherin Christiane Hoffmann „die gesamte Bandbreite politischer Themen“ zwischen und während den Gängen diskutiert werden. Schwierig werden dürfte es vor allem bei einem Thema.

Fragwürdige Aussagen Erdogans zum Nahost-Konflikt

Denn: Zuletzt hatte sich Erdogan mit Aussagen zum Nahost-Konflikt positioniert, die auf wenig Gegenliebe in Berlin stoßen dürften. Er hatte den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu als „Terroristen“ bezeichnet, dafür die islamistische Terror-Organisation Hamas als „Freiheitskämpfer“ geadelt. „Mehr als fraglich“ fand darauf FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai, ob man Erdogan unter dieser Prämisse empfangen könne. FDP-Fraktionschef Konstantin Kuhle nannte Erdogan gar einen „rhetorischen Brandstifter“.

Kommentar: Klar muss man mit Erdogan reden – gerne auch hart und bestimmt

Scholz aber wird Erdogan dennoch empfangen. Ein in Medien kolportierter gemeinsamer Besuch des Fußball-Länderspiels Deutschland gegen Türkei steht zwar nicht auf dem Plan, heißt es. Und auch, ob es eine gemeinsame Pressekonferenz geben wird, ist noch unklar. Klar ist aber: Die deutschen Repräsentanten werden selbstverständlich – und müssen auch – mit dem türkischen Präsidenten reden.

Erdogan wird als Gesprächspartner benötigt

Müssen vor allem wegen der beiden anderen Themen, die wohl auf der Tagesordnung stehen werden: Erstens Details zur weiteren Zusammenarbeit in der NATO. Insbesondere der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine sorgt hier für konstanten Redebedarf aller Partner. Und zweitens will Scholz den Migrationspakt mit der Türkei erneuern, den einst Angela Merkel ausgeheckt hatte. Und der anfangs zumindest die Flüchtlingszahlen in Deutschland merklich gesenkt hatte.

Apropos Merkel: Dass der türkische Präsident diese früher mit Nazi-Vergleichen bedachte, ist nur eine von vielen skandalträchtigen Anekdoten, die wie schon erwähnt Erdogans Besuche immer etwas heikel machen. Sein letzter Besuch 2020 verlief zwar recht reibungslos. 2018 aber gab es mehrere schwierige Szenen. Angefangen von seinem Besuch in Köln, den er vor Tausenden als PR-Termin nutzte. Und beim Staatsbankett gab es damals einen regelrechten Eklat, als Erdogan Steinmeier anging, Deutschland beherberge mit Exil-Türken wie Can Dündar „Terroristen“.

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Dass es erneut zum Eklat kommt, ist unwahrscheinlich. Zum einen sendeten Regierungsmitglieder von Scholz bis Annalena Baerbock (Grüne) versöhnliche Signale. Zudem ist kein öffentlicher Auftritt geplant. Und zu guter Letzt ist die Türkei wegen ihrer schwierigen ökonomischen Lage auf Geld und gute Wirtschaftsbeziehungen angewiesen. Aktuelle deutsche Handelsbilanz mit Ankara: 52 Milliarden Euro.

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