EZB-Entscheidung: Steigen jetzt die Zinsen auf dem Sparbuch?
Es war ein historischer Schritt: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag den so genannten Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent angehoben. Die Zinsen sind damit so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Die Folgen werden im Alltag für viele Menschen spürbar sein.
Das Ziel der Zinserhöhung ist klar: Er soll die galoppierende Inflation im Euroraum eindämmen. Die Teuerungsrate lag zuletzt bei 9,1 Prozent. Grund ist vor allem der Ukraine-Krieg und die dadurch gestiegenen Energiekosten. „Die Zinserhöhung sendet ein starkes Signal: Die Bekämpfung der Inflation hat erste Priorität“, freute sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).
Wer eine Immobilie kaufen will, hat jetzt ein Problem
Tatsächlich produziert der „Jumbo-Zinsschritt“ aber durchaus Gewinner und Verlierer. Zu den größten Verlierern zählen wohl diejenigen, die ein Haus oder eine Wohnung kaufen wollen oder in absehbarer Zeit einen Immobliien-Kredit neu verhandeln müssen. Denn besonders die Kreditzinsen für Immobilien und Unternehmen bewegen sich in der Regel relativ zügig mit den Leitzinsen, erklärt Emanuel Mönch, Professor für Geldpolitik und Finanzmärkte an der Frankfurter School of Finance & Management. Denn die Kosten der Geldinstitute, sich ihrerseits Geld von der Zentralbank zu besorgen, steigen. In Folge wird es auch für die Kunden teurer. Denn in der Regel geben die Banken die gestiegenen Kosten direkt an Verbraucher und Unternehmen in Form höherer Zinsen weiter.
Viele Menschen werden wohl auch gar keine neuen Kredite mehr für Immobilien erhalten. Denn Banken dürften künftig noch genauer als bisher prüfen, ob Kreditnehmer die zu erwartenden hohen Zinsen in Zukunft auch wirklich zahlen können, erklärt die Banken-Expertin Christina Bannier der „Tagesschau“. Möglicherweise komme es auch zu einer Rezession, die Jobverluste und Einkommenseinbußen bedeuten kann. Das würden die Banken künftig stärker mitbedenken. In der Folge könnte noch weniger Wohnraum geschaffen werden als sowieso schon.
Sparer sind wenigstens die „Strafzinsen“ los
Zu den grundsätzlichen Profiteuren der Zinserhöhung gehören die Sparer. Viele mussten bisher sogar „Strafzinsen“ zahlen, wenn sie ihr Geld auf dem Giro-, Festgeld- oder Tagesgeldkonten parkten. Denn die Banken mussten wiederum an die EZB Zinsen zahlen, wenn sie ihre überschüssiges Geld dort unterbrachten. Das gaben sie in Form von Verwahr-Entgelten an die Kunden weiter.
Das könnte Sie auch interessieren: E-Auto oder Benzin? Die Dienstwagen der Senatoren – einer hat gar keinen
Das fällt nun weg. Allerdings wird der Effekt für die Sparer wohl nicht unmittelbar spürbar sein. Die Banken reagierten „immer etwas abwartend, bis sie den steigenden Zins umgekehrt an ihre Kunden weitergeben“, sagt Bannier. Trotzdem werde der Schritt in nächster Zeit erfolgen. Allerdings: Wirklich verbessern wird er die Situation für Sparer auch dann nicht. „Der Effekt ist vorerst nur ein scheinbarer, da wir im Moment eine wahnsinnig hohe Inflation haben. Die frisst die zusätzliche Kaufkraft durch das gesparte Geld derzeit komplett weg“, so Bannier. Für einen wirklich spürbaren Effekt müsse der Zins auf die Sparkonten noch viel stärker steigen oder die Inflation stärker zurückgehen.
Beobachter halten es für nicht ausgeschlossen, dass die EZB demnächst eine weitere Zinserhöhung ankündigt. Mönch: „Der jetzige Zinsschritt war absolut notwendig. Er wird aber nicht ausreichen um, die Inflation deutlich spürbar einzudämmen.“ Denn ein Großteil der Inflation sei auf Lieferketten-Engpässe und die höheren Energiepreise zurückzuführen.