Frankreich-Wahl: Vor dieser Frau zittert Europa
In der ersten Runde dürfte es sehr eng werden – und in der zweiten ist dann alles möglich: Frankreich wählt am Sonntag einen neuen Präsidenten. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen hat so gute Chancen auf einen Sieg wie noch nie. Ihre Wahl wäre ein schwerer Schlag für Europa.
Vor fünf Jahren bewegten sich die Umfragekurven von Le Pen und dem heutigen Präsidenten Emmanuel Macron kurz vor der Wahl auseinander. Diesmal läuft es genau andersherum: Zu Beginn des Kriegs in der Ukraine schoss Macrons Beliebtheitskurve zwar nach oben. Doch dann fiel sie ebenso rasch wieder.
Die Werte der Rechtspopulistin stieg hingegen immer weiter an. Die letzten Umfragen sehen Macron bei 26,5 Prozent, die 53-Jährige aber immerhin bei 24 Prozent. Die Sozialisten, Linken, Bürgerlichen und der Rechtsextremist Éric Zemmour bewegen sich allesamt im einstelligen Bereich.
Ein Broschüre mit Putin ließ Le Pen einstampfen
Noch vor dem Kriegsbeginn hatte Le Pen erklärt, sie wolle Frankreich – die einzige verbliebene Atommacht in der EU – aus den militärischen Strukturen der Nato führen und ein Bündnis mit Wladimir Putin schmieden. Sie hatte Millionen Wahlkampfbroschüren drucken lassen, die sie strahlend neben dem Kriegsverbrecher zeigten.
Nach Kriegsbeginn ließ sie das Werbematerial vernichten. Der Verdacht, dass ihre Partei Rassemblement National (RN) aus Moskau mitfinanziert wird, gibt es bis heute.
Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.
Le Pen hat aus Fehlern der Vergangenheit gelernt. Ging es jahrelang vor allem um die Themen Ausländer und Zuwanderung, hat sie heute ihr Palette deutlich erweitert. Zwar verspricht sie noch immer, dass Franzosen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt Vorzug vor Ausländern erhalten und straffällige Nicht-Franzosen sofort abgeschoben werden sollen – aber die Ausdrucksweise ist nicht mehr so radikal wie zu früheren Zeiten. Die Partei will auch Menschen in der Mitte der Gesellschaft ansprechen. Le Pen selbst hat diesen Wandlungsprozess einmal „Entteufelung“ genannt.
Berlin und Brüssel bleiben beliebte Feindbilder
Nationalismus spielt noch immer eine wichtige Rolle. Dann fallen Sätze wie: „Frankreich droht aus den Geschichtsbüchern zu verschwinden und zu einem Land zu werden, das nicht mehr selber entscheiden kann sondern Berlin und Brüssel gehorchen muss.“
Das könnte Sie auch interessieren: „Für die Kinder“: Raketenangriff auf Evakuierungsbahnhof – Dutzende Tote
Doch das zentrale Thema ist in diesem Wahlkampf die Kaufkraft der Franzosen. Ähnlich wie in Deutschland haben die Preise in Frankreich stark angezogen. Sie versprach früh Erleichterungen für Benzin, Energiekosten sowie Grundprodukte des täglichen Bedarfs.
Das tut Macron zwar auch. Aber während der Präsident versucht, auf internationaler Bühne ein Bündnis gegen Putin zu schmieden, tourte Le Pen kleinteilig durchs Land. Die Zahl der Selfies von der lächelnden Kandidatin mit Anhängern geht in die Tausende.
Vor der Stichwahl wird es noch ein T-Duell geben
Laut Prognosen sichert ihr das die Stichwahl gegen Macron am Sonntag in zwei Wochen. Bereits zum zweiten Mal. Dann kommt es vermutlich auch noch zu einem ersten TV-Duell mit dem Amtsinhaber. Bisher hat der Präsident dies abgelehnt.
Vor fünf Jahren hatte Macron seine Konkurrentin dabei sehr schlecht aussehen lassen, was ihm vermutlich den Sieg gebracht hat. Diesmal soll alles besser werden, versprich Le Pen ihren Anhängern: „Wir sind bereit!“