Katharina Dröge (Bundestagsfraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen) steht vor einem Mikrofon.

Katharina Dröge, Bundestagsfraktionsvorsitzende der Grünen, kritisiert Friedrich Merz (CDU) als Kanzler (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Grüne sind gegen Merz als Kanzler – halten sich aber Hintertür offen

Knapp eine Woche nach dem tödlichen Messerangriff von Aschaffenburg sind die Parteien bei möglichen Konsequenzen in der Migrationspolitik auf Konfrontationskurs. Die Union will über Anträge für mehr Härte an diesem Mittwoch im Bundestag abstimmen lassen, obwohl es eine Mehrheit nur mit der AfD geben dürfte. Die SPD warnt vor so einem Schritt. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisiert, Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) qualifiziere sich damit nicht fürs Amt.

Seitdem ein ausreisepflichtiger Afghane mit möglicherweise psychischer Beeinträchtigung am Mittwoch einen Jungen und einen Mann erstochen hat, dreht sich der Bundestagswahlkampf vor allem um Migration. Der Tat ging eine Reihe anderer Attacken voraus, bei denen ebenfalls Ausländer unter Tatverdacht stehen.

Merz sieht keine Möglichkeit für Kompromisse

Danach preschte Merz vor. In einem eigenes anberaumten Termin im Reichstagsgebäude forderte er am Tag nach der Bluttat weitreichende Verschärfungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts. Als Kanzler, sagte Merz, würde er alle deutschen Grenzen dauerhaft kontrollieren und alle Versuche der illegalen Einreise zurückweisen lassen. Aufgegriffene Ausreisepflichtige müssten in Ausreise- oder Ausreisehaft genommen und schnell abgeschoben werden. „Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich.“

Grünen-Politikerin Dröge sagte: „Friedrich Merz hat aus meiner Sicht bislang in dieser Woche gezeigt, was dafür spricht, dass er nicht Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird.“ Sie warf Merz unüberlegtes und unzuverlässiges Agieren vor. Dröge wollte diese Aussage aber nicht als kategorische Absage an eine etwaige schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl am 23. Februar verstanden wissen.

CDU setzt auf SPD, lehnt aber Regierungsentwürfe ab

An diesem Mittwoch soll nun über Unionsanträge für eine härtere Migrationspolitik abgestimmt werden. „Wir können uns von niemandem davon abhalten lassen, die Politik, die wir für richtig halten, auch in den Bundestag einzubringen“ und abstimmen zu lassen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU), in Berlin.

Die Union arbeite nicht mit der AfD zusammen. Wolle man Extremisten kleiner machen, müsse man die Probleme lösen. Mit AfD und BSW strebe man keine Mehrheit an, sondern rufe SPD und Grüne zur Zustimmung auf. Den SPD-Vorstoß, Regierungsentwürfen in dieser Woche zur Mehrheit zu verhelfen, lehnte Frei ab.

Zustrombegrenzungsgesetz – von FDP unterstützt

An diesem Freitag will die Union zudem über das von ihr im September eingebrachte sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz abstimmen lassen. Doch selbst im Fall einer Zustimmung im Parlament dürfte mangels Unionsmehrheit im Bundesrat aus dem Gesetz nichts werden. SPD und Grüne lehnen die Initiativen ab. Auch Möglichkeiten für Änderungsanträge oder Kompromisse sieht man in der SPD laut Generalsekretär Matthias Miersch nicht.

Die FDP hatte dagegen entschieden, den Unionsanträgen zuzustimmen. FDP-Fraktionschef Christian Dürr verteidigte den Schritt: Wenn wir uns zu einem Unionsantrag verhalten, dann können wir es nicht von taktischen Spielchen der AfD abhängig machen.

Kritik von SPD: Keine Gesetze mit Stimmen der AfD

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) mahnte seine Unionskollegen mit Blick auf die AfD: „Machen Sie nicht die Tür auf für eine in Teilen rechtsextreme Partei.“ Er appelliere an sie, gemeinsam für mehr Sicherheit in Deutschland zu arbeiten, sagte Schweitzer der Deutschen Presse-Agentur. In einem Brief warben die SPD-Ministerpräsidentinnen und -präsidenten bei den Länderchefs anderer Parteien für eine Zusammenarbeit demokratischer Parteien in der Sicherheitspolitik.

Die SPD-Regierungschefs von Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und dem Saarland zeigen sich in ihrem Schreiben besorgt, dass demokratische Politiker am Mittwoch im Bundestag in der Flüchtlingspolitik Anträge mit den Stimmen der AfD durchbringen könnten. Schweitzer sagte, Merz solle dem bereits im Dezember von SPD, Grünen und FDP vorgelegten Gesetz zur Verbesserung der Terrorbekämpfung zustimmen, dass die Union seinerzeit im Bundesrat blockiert habe.

Pläne von Merz – laut SPD verfassungswidrig

Die AfD will dem sogenannten Zustrombegrenzungsgesetz zustimmen. Das sei „natürlich klar auf unserer Linie“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer Bernd Baumann. Am Nachmittag wollte die AfD-Fraktion entscheiden, wie sie mit weiteren Anträgen aus der Union umgehen wird. In einem entsprechenden Entwurfstext wird auch die AfD scharf angegriffen. Aus deren Fraktionsvorstand verlautete am Montagabend, dass wohl dennoch eine Zustimmung empfohlen werde.

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Die SPD warf Merz Absprachebruch vor. „Wir hatten nach dem Ende der Ampel-Koalition vereinbart, dass es keine Mehrheiten mit Hilfe der AfD geben soll. Jetzt ist ihm das wieder egal“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag). Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte der „Saarbrücker Zeitung“ (Dienstag), die Union schlage faktisch die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl vor. „Das ist verfassungswidrig und lässt sich auch nicht einfach per Dekret verfügen.“ (dpa/mp)

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