Benjamin Netanyahu Olaf Scholz
  • Benjamin Netanyahu (l.) und Olaf Scholz legten am Holocaust-Mahnmal Gleis 17 am Bahnhof Grunewald in Berlin Blumen nieder.
  • Foto: Michael Kappeler/dpa

Staatsbesuch mit Eiertanz: Wie Scholz den Netanyahu-Termin meisterte

Israel und Deutschland verbindet eine schwierige gemeinsame Geschichte. Die Gräuel der Nazizeit haben dafür gesorgt, dass das heutige Deutschland das Wohl des jüdischen Staates besonders hoch achtet. Derzeit gibt es aber international und im Land selbst höchst kritische Stimmen zum Umgang des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und seiner rechten Regierungskoalition mit den Palästinensern und mit einer geplanten Justizreform. Entsprechend gespannt war die Öffentlichkeit: Wie wird Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Staatsbesuch des israelischen Regierungschefs meistern?

Schon der Außentermin vor dem politischen Gespräch und der anschließenden Pressekonferenz setzte einen klaren Rahmen: Die beiden Regierungschefs besuchten gestern das Mahnmal Gleis 17 am Bahnhof Grunewald in Berlin, von wo aus 1941 und 1942 etwa 10.000 Jüdinnen und Juden mit Zügen der Reichsbahn in Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis gebracht wurden.

Scholz: Sicherheit Israels bleibt deutsche Staatsräson

Und auch Scholz‘ einleitende Worte zur Pressekonferenz klangen – ganz bewusst – so, wie man das von gegenseitigen Staatsbesuchen zwischen diesen beiden Ländern seit Jahrzehnten gewohnt ist: Die Sicherheit Israels sei vor dem historischen Hintergrund der Shoah – der systematischen Ermordung von Millionen Juden seitens der Nazis – immer Staatsräson Deutschlands, so der Kanzler.

Außerdem habe man über die Bedrohung Israels durch das iranische Atom-Programm gesprochen und über den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Und dann fand Scholz tatsächlich deutliche, aber immer freundliche Worte. Es blieb ein Eiertanz – aber ein unterm Strich erfolgreicher.

„Wir verfolgen die Debatte auch mit großer Sorge“

Der entscheidende Satz zur geplanten Justizreform: „Als demokratische Wertepartner und enge Freunde Israels verfolgen wir diese Debatte sehr aufmerksam – und das will ich nicht verhehlen: mit großer Sorge“, so der SPD-Politiker. Der aber zugleich auf Nachfrage eines Journalisten betonte: Als Kanzler habe er sich nicht in innenpolitische Angelegenheiten Israels einzumischen. Aber: Die Bundesregierung hoffe noch auf eine Lösung, mit der auch die Opposition in Israel leben könne. Der Präsident Israels, Jitzchak Herzog, habe dazu einen guten Kompromiss vorgeschlagen.

Für Irritationen bei einigen Journalist:innen sorgte Netanyahu. Die Justizreform sei wichtig, weil die Gerichte in Israel „übermächtig“ seien. Und seine Regierung (in der sich auch Rechtsradikale befinden) setze sich für eine Liberalisierung des Landes ein und für die Rechte von Schwulen und Lesben.

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Auffällig war indes, wie freundlich, ja fast herzlich beide Regierungschef miteinander umgingen – trotz aller Differenzen. Und wie sie die konstruktiven Gespräche lobten, die sie bald in Israel fortsetzen wollen.

Außerdem soll die gemeinsame Rüstungskooperation ausgebaut werden.

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