Hitlers „Vollstrecker“: Das Ende der SS-Bestie Heinrich Himmler
Berlin –
Es waren die letzten Tage des Dritten Reiches. Nachdem Hitler am 30. April 1945 in seinem Bunker in der Berliner Reichskanzlei Selbstmord begannen hatte, suchten einige seiner Paladine ihr Heil in der Flucht.
Darunter auch der ehemalige Reichsführer SS Heinrich Himmler, einst einer der mächtigsten Männer in Nazi-Deutschland. Kurz vor Kriegsende hatte er noch versucht, sich den Alliierten anzubiedern, um seine Haut zu retten.
Heinrich Himmler, der „Buchhalter des Todes“
Doch die ließen Hitlers „Vollstrecker“ eiskalt abblitzen. Neben Hitler war Himmler der meist gefürchtete Nazi in Europa – ein skrupelloser Sonderling und fanatischer Buchhalter des Todes, der Millionen Menschen in den Tod geschickt hatte. Ein Massenmörder in Gestalt eines kleinbürgerlichen Biedermannes.
Der 1900 in München als Sohn eines katholischen Gymnasiallehrers geborene Himmler gehörte zur Garde der „alten Kämpfer“ in der Nazi-Bewegung – ein Antisemit mit wirren völkischen Ansichten, der als Student der Agrarökonomie schon am gescheiterten Putschversuch Hitlers 1923 in München beteiligt war.
Himmler wurde 1929 zum „Reichsführer-SS“
Sein Aufstieg in der NSDAP und in den engeren Zirkel Hitlers begann, als dieser ihn 1929 zum „Reichsführer-SS“ ernannte. Hitler schätzte den loyalen Erfüllungsgehilfen, der privat Hühner züchtete.
Nach der „Machtergreifung“ und spätestens nach der Ausschaltung der Parteiarmee SA baute Himmler seine Machtposition immer mehr aus und formte die einst kleine SS zur einer großen Nazi-Elitetruppe und gefürchteten Mörderbande.
Massenmord an den europäischen Juden
Mit den Jahren brachte er den gesamten NS-Sicherheitsapparat unter seine Kontrolle.
Vor allem aber organisierte und perfektionierte er mit seinen Schergen den Massenmord an den europäischen Juden, an Kriegsgefangenen, Gegnern des Regimes, Behinderten, Homosexuellen und all denen, die in seinen Augen „Untermenschen“ waren. Gerne schaute er auch vor Ort bei Exekutionen zu.
Heinrich Himmler: Terror bis zum Kriegsende
Eine seiner widerlichsten Hinterlassenschaften ist seine Rede vor hohen SS-Führern in Posen am 4. Oktober 1943. Mit Blick auf die „Ausrottung“ der Juden sagte er: „Von Euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn 100 Leichen beisammen liegen. Dies durchgehalten zu haben und dabei anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht.“
Mit dieser Brutalität und Grausamkeit agierte der Staatsterrorist Himmler bis in die letzten Wochen des Dritten Reiches, überlegte aber gleichzeitig, wie er angesichts des längst verlorenen Krieges noch seinen Kopf aus der Schlinge ziehen könnte.
Allen Ernstes glaubte er mit den Westmächten ins Geschäft kommen zu können – als potenzieller Verbündeter im Kampf gegen die Sowjetunion.
Freilassung von KZ-Insassen sollte ihm Vorteile verschaffen
Ab Januar 1945 traf er sich unter anderem heimlich mit dem schwedischen Grafen Folke Bernadotte vom Schwedischen Roten Kreuz, den er als Vermittler zu gewinnen hoffte.
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Als Gegenleistung bot er die Freilassung von KZ-Insassen an. Einige hundert Menschen kamen so sogar tatsächlich frei, doch Himmlers Wunsch, mit General Dwight D. Eisenhower, dem Oberbefehlshaber der alliierten Streitkräfte im Westen, über einen Separatfrieden zu sprechen, war natürlich für die Alliierten völlig indiskutabel.
Himmler sollte exekutiert werden
Stattdessen machten sie Himmlers Gesprächsangebot öffentlich. Hitler schäumte vor Wut, gab noch zwei Tage vor seinem Tod den Befehl den „Getreuen Heinrich“ von einst als Verräter zu jagen und zu exekutieren.
Der aber war längst abgetaucht. Anfang Mai 1945 schlug er mit einigen Getreuen nach Plön durch, wo Hitlers Nachfolger, Großadmiral Karl Dönitz, mit seiner Popanz-Regierung residierte, bevor er nach Flensburg ausweichen musste.
Doch der wollte den alten Mitstreiter möglichst schnell wieder loswerden. Als die Wehrmacht schließlich am 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulieren musste, machte sich Himmler aus dem Staub.
Heinrich Himmler floh mit falschen Papieren
Er rasierte seinen Schnurrbart ab und verließ am 11. Mai Flensburg – in einer Uniform der Geheimen Feldpolizei, getarnt mit einer schwarzen Klappe über dem linken Auge und mit falschen Papieren, die ihn als Heinrich Hitzinger auswiesen.
Auf die Anfangsbuchstaben seines richtigen Namens hatte der eitle Fatzke dann doch nicht verzichten wollen.
Festnahme nach zehn Tagen
Sein Ziel war seine bayerische Heimat. Sehr weit kam er nicht. Seine Flucht endete am 21. Mai, als ihn britische Soldaten in Meinstedt (heute ein Ortsteil der niedersächsischen Gemeinde Heeslingen) verhafteten – ohne zu diesem Zeitpunkt zu ahnen, welch dicker Nazi-Fisch ihnen da ins Netz gegangen war.
Der neue Ausweis hatte sie bei einer Kontrolle stutzig gemacht. Wenig später gab sich Himmler zu erkennen und wurde ins britische Hauptquartier nach Lüneburg geschafft. Zur Verantwortung konnte der Kriegsverbrecher und Massenmörder aber nicht mehr gezogen werden.
Heinrich Himmler: Die Giftkapsel im Mund
Wenige Tage später, am Abend des 23. Mai 1945, nahm sich Himmler im Verhörzimmer das Leben, als seine Bewacher und Militärärzte ihn einer Leibesvisitation unterziehen wollten.
Als ein Arzt in Himmlers Mund schauen wollte, riss der 44-Jährige seinen Kopf plötzlich abrupt zur Seite und biss auf eine in einer Zahnlücke versteckte Zyankali-Kapsel. Alle Versuche, Himmler noch zu retten, um ihm – wie später den anderen Nazi-Kriegsverbrechern – den Prozess machen zu können, scheiterten.
Feige entzog sich die Bestie in Menschengestalt der Verantwortung. Himmlers Leichnam wurde wenig später südlich von Lüneburg an einem unbekannten Platz begraben. Wo dieser liegt, blieb bis heute geheim – zu groß die Sorge, dass das Grab zur Pilgerstätte alter und neuer Nazis werden könnte.