Hitzefrei gibt‘s nicht: Kritik an Sommer-Regeln für den Arbeitsplatz
Die Hitze ist ein Dauerbrenner – in jeder Hinsicht: Man liest und hört überall davon, und spätestens ab Dienstag wird sie in ganz Deutschland spürbar sein. Und wenn‘s zu heiß wird, geht das auch auf die Denkleistung des Gehirns, das ist bewiesen. Welche Regeln gelten denn eigentlich für den Arbeitsplatz? Gibt es auch hitzefrei?
Darauf sollte man lieber nicht hoffen: Auf Anfrage von ZDFheute erklärten die Industrie und Handelskammer (IHK) München und auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Es gibt kein Recht auf hitzefrei – egal, wie heiß die Sonne brennt. Mehr noch: Es besteht noch nicht einmal Anspruch auf klimatisierte Räume.
Was allerdings nicht bedeutet, dass Temperaturen keine Rolle spielen: Laut Arbeitsstättenverordnung gilt in Arbeitsräumen eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“, erklärt die BAuA. Und: Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung ist auch vorgeschrieben. Insgesamt sollte es nicht wärmer als 26 Grad werden.
Hitze verlängert die Reaktionszeit beim Menschen
Denn zu viel Hitze macht matschig im Kopf – das ist auch wissenschaftlich erwiesen. Forschende der Uni Harvard haben die Denkleistungen von Studierenden in Räumen mit und ohne Klimaanlage verglichen. Während einer fünftägigen Hitzewelle, die auf fünf Sommertage mit Normaltemperaturen gefolgt war, stieg die Reaktionszeit der Studenten ohne Klimaanlage deutlich an: Für Antworten in einem Wörtertest brauchten sie deutlich mehr Zeit, gut 13 Prozent mehr als ihre Studienkollegen, die kühlere Nächte hinter sich hatten. Um einen ähnlichen Prozentsatz sanken ihre bei einem Rechentest erzielten Punkte.
In Deutschland gibt es ab 26 Grad Raumtemperatur ein Stufenmodell für Arbeitgeber: Bis 30 Grad sollen „wirksame Maßnahmen“ ergriffen werden, zum Beispiel eine flexible Arbeitszeit. Ab 30 Grad müssen Beschäftigten Getränke zur Verfügung stehen, ab 35 Grad ist ein Raum zum Arbeiten ungeeignet.
DGB fordert mehr Hitze-Schutz für Arbeitnehmer
Dem Deutschen Gewerkschaftsbund ist das alles nicht konkret genug: „Angemessene Gefährdungsbeurteilungen sind noch immer kein Standard – ein Versäumnis der Arbeitgeber, das vollkommen inakzeptabel ist“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. „Regelmäßige extrem heiße Sommer ziehen natürlich besondere Belastungen für arbeitende Menschen nach sich.“
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Bei regelmäßigen Hitzeperioden – und die sind ja leider zu erwarten – könnten Gewerkschaften und Arbeitgeber Vereinbarungen treffen. So habe die IG Bau im Tarifvertrag für Dachdecker ein Ausfallgeld vereinbart, wenn aufgrund der Wetterverhältnisse die Arbeit eingestellt werden muss. „Das kann Vorbild für andere Branchen sein“, sagte Piel. „Basis für all diese Strategien muss aber eine bessere und häufigere Gefährdungsbeurteilung in den Unternehmen und Betrieben sowie eine regelmäßige Kontrolle sein.“ (dpa/miri)