Impfpflicht: Jetzt geht der Streit erst richtig los
Es ist das wohl umstrittenste politische Projekt im kommenden Jahr: die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Vor allem zwischen FDP und Grünen fliegen bereits jetzt die Fetzen.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist nicht gut auf die FDP zu sprechen. Besonders FDP-Vize Wolfgang Kubicki treibt seinen Blutdruck in die Höhe. Dieser hatte kürzlich behauptet, die Impfpflicht sei „Rache und Vergeltung“ der Impfbefürworter an den Ungeimpften.
„Schlicht verantwortungslos“: Heftige Kritik an Kubicki
„Diese Aussage ist schlichtweg verantwortungslos und völlig ungeeignet, um die Debatte inhaltlich angemessen zu führen“, empört sich Kretschmann. Er sei froh, dass die FDP immerhin der Impfpflicht für das Personal in Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheimen zugestimmt habe und sich auch FDP-Chef Christian Lindner inzwischen für eine allgemeine Impfpflicht ausspreche.
Kubicki verteidigte sich: „Die Menschenwürdegarantie unserer Verfassung gilt auch für Ungeimpfte“, sagte er den Funke-Zeitungen. Er riet Kretschmann, in der Debatte „mehr auf Zwischentöne zu achten“. Er habe ausdrücklich betont, dass die politische Diskussion über die Impfpflicht in der Regel von Fairness und Respekt getragen sei, sagte Kubicki.
Was, wenn die Impfstoffe nicht ausreichend wirken?
Der Streit zeigt exemplarisch, was der deutschen Politik bevorstehen könnte. In Österreich, das ebenfalls eine Impfpflicht plant, wird nun auch ein weiterer Aspekt diskutiert: Was wird aus einer Impfpflicht, wenn sich die Impfstoffe als nicht so wirksam erweisen sollten?
Nach jetzigem Wissensstand liegt die Wirksamkeit der Vakzine für Geboosterte gegen die wohl bald dominante Omikron-Variante bei 70 bis 80 Prozent. Und Wirkstoffe können an neue Varianten auch angepasst werden. Trotzdem warnt die österreichische Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP): „Eine allgemeine Impfpflicht kann nur kommen, wenn die Vakzine entsprechende Wirksamkeit besitzen.“
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Der kommende CDU-Vorsitzende Friedrich Merz schlägt unterdessen vor, die Impfpflicht stufenweise anzugehen. „Eine allgemeine Impfpflicht wirft aber eine Reihe von ethischen, verfassungsrechtlichen und organisatorischen Fragen auf. Die müssen vor einer Beschlussfassung geklärt sein. Vielleicht könnte eine Art Stufenplan für gruppenbezogene Impfpflichten auch zum Ziel führen“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Selbst die CDU ist sich bei der Impfpflicht nicht einig
Neben dem Pflege- und Gesundheitssektor liegen dabei dem CDU-Politiker zufolge „eigentlich die Bediensteten in den Kitas, Schulen und Universitäten, aber auch die der sogenannten kritischen Infrastruktur auf der Hand: Polizei und Feuerwehr, die Hilfsorganisationen vom Roten Kreuz bis zum THW, auch andere wichtige Institutionen.“ Ihnen könne man eine solche Pflicht auferlegen, weil „sie von Anfang ihrer Tätigkeit an eine Verpflichtung eingegangen sind, diesem Land zu dienen.“
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Doch selbst die CDU ist sich beim Thema Impfpflicht keineswegs einig. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hält die Diskussion darüber sogar für „fahrlässig“. Sie bringe nicht die erhoffte Wirkung. Die Aufgabe der Politik sei es zunächst einmal, genügend Impfstoff zur Verfügung zu stellen.
Stattdessen plädiert Stübgen für deutlich höhere Bußgelder bei Verstößen gegen Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht. Diese liegen aktuell „nur“ bei 500 Euro.