Ist die allgemeine Impfpflicht in Wahrheit schon tot?
Der Freitag war für die Befürworter einer Impfpflicht scheinbar ein guter Tag: CDU/CSU stellten ebenso einen eigenen Entwurf vor, wie Vertreter der Ampel-Koalition. Das Bundesverfassungsgericht gab gleichzeitig grünes Licht für die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Und doch, bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Zumindest die allgemeine Impfpflicht ist politisch schon fast tot.
Das liegt zum einen an dem Vorschlag der Union: Denn die will keine harte Impfpflicht. Vielmehr fordert sie in ihren Entwurf zunächst den Aufbau eines Impfregisters. Dann soll es einen „gestuften Impfmechanismus“ geben, den Bundestag und Bundesrat bei „verschärfter Pandemielage“ in Kraft setzen könnten. Also vor allem dann, wenn ein tödlicheres Virus auftaucht, als es Omikron ist. Dann soll auch eine Impfpflicht greifen – aber nur für gefährdete Bevölkerungs- und Berufsgruppen.
Ein Entwurf wird nicht rechtzeitig fertig
„Die Pläne für eine Impfpflicht ab 18 oder ab 50 sind Scheinlösungen, die im Bundestag keine Mehrheit finden werden“, sagte der der gesundheitspolitische Fraktionssprecher der Union, Tino Sorge (CDU). Damit stellt sich die Union auch gegen eine parteiübergreifende Gruppe der Ampel-Koalition um den Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne). Diese stellte ihren Entwurf für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 vor.
Eigentlich wollte der Bundestag bereits in der kommenden Woche die verschiedenen Vorschläge diskutieren. Das war zumindest der ursprüngliche Plan von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Doch daraus wird wohl nichts. Der Grund: Eine Gruppe von FDP-Abgeordneten um Andrew Ullmann hat ihren Entwurf für einen Impfpflicht ab 50 Jahren noch nicht fertig. Die „erste Lesung“ der Gesetzes-Vorschläge wird deshalb laut verschiedener Medienberichte nicht in der kommenden Woche erfolgen.
Das Problem mit der praktischen Umsetzung
Das bestätigte am Donnerstagabend auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) bei „Maybritt Illner“. Er nannte Ende März als neuen Termin, also einen Zeitpunkt, bei dem die Infektionszahlen vermutlich schon wieder niedrig sein werden. Und damit auch der öffentliche Druck, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen. In der Gruppe um Ullmann bestreitet man aber eine absichtsvolle Verzögerung.
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Und ein weiteres Problem taucht auf. Das der praktischen Umsetzung: Denn nun haben die Arbeitgeber-Verbände erklärt, sie würden auf keinen Fall die Aufgabe übernehmen, den Impfstatus ihrer Angestellten zu überprüfen. „Der Staat darf seine Kontrollpflichten nicht auf Dritte übertragen“, erklärte Steffen Kampeter, Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber-Verbände.
Scholz kündigt erste Öffnungsschritte an
Also bliebe die Aufgabe wohl an staatlichen Stellen hängen. Doch Bundesländer wie Bayern oder Sachsen haben schon klar gemacht, dass sie sich selbst zu einer Umsetzung der viel weniger aufwändigen einrichtungsbezogenen Impfpflicht kaum in der Lage sehen.
Ähnlich schleppend wie bei der Impfpflicht geht es beim Thema Öffnungen voran. Scholz kündigte nun zwar an, dass beim Bund-Länder-Treffen kommende Woche über ein Abbau von Vorschriften diskutiert werde: „Die wissenschaftlichen Prognosen zeigen uns, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle in Sicht ist.“ Diese ermögliche über erste Öffnungsschritte zu sprechen.
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Wie weit die Öffnungen aber gehen sollen, ist umstritten: Die FDP will den Passus im Infektionsschutzgesetz, in den alle Corona-Beschränkungen verankert sind, zum 19. März auslaufen lassen. Die Grünen drängen auf ein einmalige dreimonatige Verlängerung.