• Schon beim G7-Gipfel in Cornwall lief's deutlich harmonischer als zu Trumps Zeiten.
  • Foto: picture alliance/dpa/Bundesregierung | Guido Bergmann

Letzte US-Reise als Kanzlerin: Das will Merkel mit Biden besprechen

Ein letzter Besuch! Bundeskanzlerin Angela Merkel (66) ist zwar deutlich jünger als US-Präsident Joe Biden (78). Dennoch dürfte mit ihr auch aus US-amerikanischer Sicht eine echte Veteranin im Herbst die politische Weltbühne verlassen. Biden ist immerhin schon das vierte Staatsoberhaupt, das sie in ihrer Amtszeit in Washington besucht. Ein Abschied unter Freunden? Einerseits ja, denkt man an Amtsvorgänger Donald Trump. Andererseits liegen Biden und Merkel in einigen Punkten auch deutlich über Kreuz.

Mit dem „Cowboy“ George W. Bush fuhr Merkel einst 2007 im Pick-up-Truck über seine Ranch in Texas. Barack Obama und die Kanzlerin busselten am Ende seiner Amtszeit wie langjährige Freunde. Rüpel Donald Trump verweigerte ihr den Handschlag, was sie mit einem Lächeln quittierte, das man eher von einer Kita-Angestellten im Umgang mit den frechen Lütten erwarten würde. Ihr 24-Stunden-Besuch bei Joe Biden dürfte also vor allem atmosphärisch wieder deutlich harmonischer verlaufen. Schon das erste Treffen mit Biden, den Merkel ja auch aus seiner Zeit als Obama-Vize gut kennt, beim G7-Gipfel in Cornwall war spürbar von gegenseitigem Bemühen und Sympathie-Bekundungen geprägt.

Ein straffer 24-Stunden-Zeitplan beim letzten Besuch

Der Zeitplan: Am Donnerstagnachmittag (deutsche Zeit) wollte Merkel in Washington landen. Mit deutlich weniger Begleitung als sonst, dafür aber diesmal wieder mit Ehemann Joachim Sauer. Dann Frühstück mit Vizepräsidentin Kamala Harris. Direkt im Anschluss ein Treffen mit Wirtschaftsvertreter:innen. Und danach sollte Merkel die Ehrendoktorwürde der Johns-Hopkins-Universität verliehen bekommen. Am frühen Nachmittag (Deutschland etwa 20 Uhr) ein Vieraugen-Gespräch mit Präsident Biden, hernach die gemeinsame Pressekonferenz. Gefolgt von einem Abendessen inklusive der Ehepartner:innen und dem Rückflug nach Berlin am nächsten Morgen.

„Deutschland ist einer unserer treuesten Verbündeten“, hieß es aus dem Weißen Haus vor Merkels Besuch. „Ihr Besuch wird die tiefen und dauerhaften bilateralen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland bekräftigen“, so Regierungssprecherin Jen Psaki. Und dennoch gab es ein paar heikle Punkte zu besprechen. Merkel habe Biden schon mehrfach vor den Kopf gestoßen, betonten politische Beobachter:innen.

Konflikte vor allem bei Gaspipeline Nord Stream 2 erwartet

Etwa bei der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2: Eine Kompromisslösung wurde auch gestern nicht erwartet, aber zu besprechen gab es einiges. Schließlich hatte Merkel die Pipeline gegen den Willen der USA vorangetrieben. Letztere hatten sich zuletzt bereit erklärt, auf Sanktionen gegen die Betreiber:innen zu verzichten. Dafür aber sollte Deutschland sich stärker pro Ukraine positionieren.

Auch bei der Einschätzung zur Corona-Pandemie und speziell zum Patentschutz für Impfstoffe gab es Konfliktpotenzial: Biden hat sich für die Aufhebung der Patente ausgesprochen, Merkel war stets dagegen. Auch hier wurde gestern keine Einigung erwartet.

Impfpatente, China, Russland und das Klima

Außerdem auf der Agenda: Die Haltung der beiden Staaten zu China, zu Russland, zum iranischen Atomprogramm und zum weiteren Verlauf der Geschehnisse in Afghanistan nach Abzug der Nato-Truppen. Auch zum Klima wollte man sich austauschen.

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Kurz vor ihrer Abreise aus Deutschland erhielt Merkel noch einen offenen Brief, unterzeichnet von 120 Personen der deutschen Öffentlichkeit, darunter Sigmar Gabriel (SPD), Oskar Lafontaine (Linke) oder die Autorin Sibylle Berg. Ihre Forderung: Merkel solle sich bei Präsident Biden für eine Begnadigung des Whistleblowers Julian Assange einsetzen. Ein Erfolg: eher unwahrscheinlich, zumal sie dies auch in den vergangenen Jahren nie getan hat.

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