Mit Zettel, Fax und Excel-Tabelle: Wie Deutschland die Corona-Impfungen organisiert
Berlin –
Deutschland hinkt hinterher. Nicht nur beim Corona-Impftempo, sondern auch bei der Digitalisierung solcher Prozesse. Das Beispiel des „Impf-Weltmeisters“ Israel zeigt deutlich, dass beides direkt miteinander zusammenhängt. Dort gibt es ein hochmodernes medizinisches Datensystem. Bei uns sucht man eine bundesweit einheitliche Impf-Software vergeblich. Stattdessen wird mit Zettelwirtschaft und Excel-Tabellen hantiert. Immerhin: Es kommt Bewegung in die Sache.
Angela Merkel nannte das Internet vor nicht allzu langer Zeit etwas naiv „Neuland“. Und tatsächlich, in der Pandemie treten die Folgen dieser politischen Naivität deutlich zu Tage: Gesundheitsämter, in denen per Ablage-Stapel und Fax-Gerät Infektionszahlen gesammelt werden, eine Warn-App, die vor allem mit Problemen Schlagzeilen macht und ein digitaler Impfpass, den es nur in anderen Ländern gibt. Deutschland verfügt noch nicht einmal über eine einheitliche Software, um Impftermine und Lieferungen zu koordinieren. Abhilfe soll nun der Impfstoff-Anbieter Biontech schaffen, berichtet der „Spiegel“.
Gesundheitsministerium verfügt an sich über Digital-Abteilung
Zwar verfügt das Gesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) über eine eigene Abteilung für Digitalisierung. Trotzdem wurde bislang die Impfstoffverteilung mit Zettel, Stift und Excel-Tabellen organisiert. Wie viele Menschen sind bereits geimpft, wie viele sind kommende Woche in jenem Impfzentrum angemeldet, wie viele Dosen müssten demnach dort deponiert werden? All diese Informationen werden bislang nicht zentral und digital gespeichert.
Lediglich Bayern hat seit Anfang des Jahres eine eigene Impfsoftware: „Bayerisches Impfmanagement gegen Corona”, kurz „BayIMCO”, genannt. Auch wenn die Södersche Hemdsärmeligkeit nicht immer zu tatsächlichen Erfolgen führt, in diesem Punkt hat der bayrische Ministerpräsident eine Marke gesetzt. Die „Zeit“ berichtet, dass Biontech nun mit Bayern zusammenarbeitet. Möglichst bald soll dann eine gemeinsam weiterentwickelte Software bundesweit zum Einsatz kommen. Und dem handgestrickten Improvisieren ein Ende setzen. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hatte sich jüngst zum Logistik-Debakel geäußert. „Jedes Schraubenunternehmen“ wisse besser über Ort und Bedarf für seine Produkte Bescheid, ätzte er.
Biontech: Impfsoftware soll „schnellstens einsatzbereit“ sein
Das neue Programm solle „schnellstens einsatzbereit“ sein, hieß es von Biontech. Es wird offenbar alle Impfstoffe erfassen, die auf dem Markt sind, nicht nur die des Mainzer Anbieters. Rückmeldungen aus Impfzentren, Dosen- und Personalbedarf, all das soll dann schneller und verlässlicher koordiniert werden.
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Politisch brisant dürfte dabei noch die Frage nach dem Datenschutz werden. Das Beispiel Israel zeigt, wie sich Sicherheit und Effizienz verbinden ließen: Zwar werden dort alle Daten digital erfasst, aber nur streng anonymisiert weitergegeben.