NRW-Wahl: CDU und Grüne im Glück, SPD und FDP werden abgewatscht
Nordrhein-Westfalen hat gewählt. Deutlich stärker als vergangene Woche in Schleswig-Holstein galt die NRW-Landtagswahl im Vorfeld als Stimmungsbild auch für die Bundespolitik. Die zwei großen Gewinner des Abends: CDU und Grüne. Historisch schlecht lief es dagegen für die SPD, und das in der einstigen „Herzkammer“ der Genossen.
Am Ende war der Unterschied zwischen CDU und SPD dann doch deutlicher als nach den Wahlumfragen erwartet: 35,8 Prozent (+2,8) für die Christdemokraten gegenüber 26,7 Prozent (-4,5) für die Sozialdemokratie (Hochrechnung Infratest dimap 20.25 Uhr). Damit schaffte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dann doch, in nur einem halben Jahr als Regierungschef, genügend Wähler:innen von sich zu überzeugen. Erst am 27. Oktober vergangenen Jahres löste er Armin Laschet (CDU) ab, der nun im Bundestag sitzt.
Schwarz-Gelb klar abgewählt
Kleiner Haken: Schwarz-Gelb wurde dennoch klar abgewählt. Zunächst musste die FDP zittern, lag in den ersten Prognosen stets bei exakt 5 Prozent, die gerade so reichen würden, um im Landtag zu bleiben. Woran das lag? Zum einen sicher am Spitzenkandidaten: Vor fünf Jahren war das noch der heutige Bundesfinanzminister Christian Lindner. Der Neue – Joachim Stamp – war zwar fast fünf Jahre Stellvertretender Ministerpräsident, die Beliebtheitswerte von Lindner blieben aber in weiter Ferne für ihn.
Gleichzeitig zeigten sich viele Wechselwähler:innen enttäuscht von den Freidemokraten. Sowohl bei Landesthemen (Bildung, Corona) als auch bei Bundesthemen (Energie, Klima). Um 20.25 Uhr sah es aber gut aus mit der 5-Prozent-Hürde: 5,6 Prozent (-7).
Ob die FDP es schaffen würde oder nicht, spielte vor allem für den großen Wahlverlierer eine Rolle: Thomas Kutschaty (SPD) fuhr als Spitzenkandidat das schlechteste SPD-Ergebnis aller Zeiten in NRW ein. Wäre die FDP aber rausgeflogen, hätte es rechnerisch noch für seine favorisierte Koalition Rot-Grün reichen können, trotz zweitem Platz.
SPD konnte weder mit Kutschaty noch mit Scholz punkten
Kutschatys schlechtes Ergebnis dürfte auch, aber nicht nur, an ihm selbst gelegen haben: Er gilt nicht gerade als Charismatiker – Konkurrent Wüst allerdings auch nicht. Immerhin konnte der CDU-Mann in den Bund-Länder-Gipfeln glänzen. Der Jurist Kutschaty hat zwar sieben Jahre Erfahrung als Landesjustizminister, er konnte aber nicht klar machen, warum seine SPD weiter für Zukunft stehen soll.
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Das wiederum dürfte auch an der Performance der Bundespartei gelegen haben. Zu uneins schienen die Genossen in Fragen rund um den Ukrainekrieg, für manche dürfte der Kanzler zu zögerlich bei Waffenlieferungen und ähnlichem agiert haben. Zumindest war Olaf Scholz, der viel im Wahlkampf präsent war, nicht das erhoffte Zugpferd. Und als wichtigste Themen wurden Preissteigerungen, Klima, Energiepolitik und der Krieg genannt – allesamt überregionale Themen.
Zweiter großer Gewinner: Die Grünen
Eigentliche Gewinner des Abends waren die Grünen mit Spitzenkandidatin Mona Neubaur. Auch wenn sie mit 18,1 Prozent (+11,7) „nur“ Dritte wurden: Sie schafften es, ihr Ergebnis im Vergleich zu 2017 fast zu verdreifachen. Und damit war klar: Es wird in NRW keine Regierung ohne sie geben, da eine schwarz-rote Koalition als fast ausgeschlossen gilt. Zumal die eher konservative Wüst-CDU mit der eher linken Kutschaty-SPD einige Knackpunkte hätte.
Neubaur bedankte sich – den Tränen nahe – auch überschwänglich für den „Vertrauensvorschuss“, den die Wähler:innen den Grünen gegeben hätten. Wobei das nur so halb stimmen dürfte. Erste Wahlanalysen zeigten: Die Performance der Bundesminister:innen Habeck und Baerbock in den oben genannten wichtigsten Themen spielten offenbar eine große Rolle beim Wahlverhalten. So betonten auch die Grünen den ganzen Wahlabend, dass sie die Antworten auf aktuelle und auf Zukunftsfragen hätten. Mit wem sie am Ende koalieren wollen – darüber schwiegen sie noch.
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Die AfD bleibt mit im Landtag, verlor aber erneut an Stimmen, wie bei all den vergangene Wahlen. 5,6 Prozent (-1,8) veranlassten Bundes-Parteichef Tino Chrupalla, über Änderungen nachzudenken. Er sprach von einer „Initiative West“, da die Partei nur im Osten noch gut abschneidet.
Die Linke indes stürzt weiter ab: 2,1 Prozent (-2,8) reichten erneut nicht für den Einzug.
Die kommenden Wochen werden spannend: Als erstes dürfte Hendrik Wüst das Gespräch mit den Grünen suchen. Vor allem in Sachen Klima und Strukturwandel (Kohle und Stahl) wird man sich finden müssen, dann könnte es eine weitere schwarz-grüne Koalition auf Landesebene geben. Ansonsten stünden SPD und FDP für Gespräche mit den Grünen bereit.