Ungarn: Orban will Referendum über umstrittenes LGBTIQ-Gesetz
„Eine Schande“ nennt EU-Kommissionschefin von der Leyen die geplanten Beschränkungen von Informationen über Homosexualität und Transsexualität in Ungarn. Die EU hatte deshalb bereits angekündigt, gegen das Gesetz vorzugehen. Nun will Ministerpräsident Orbán seine Landsleute dazu befragen.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán plant ein Referendum über das umstrittene LGBTIQ-Gesetz in seinem Land. Eine völlig neutrale Abstimmung dürfte das aber wohl kaum werden: In einem Video, das am Mittwoch auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht wurde, rief Orbán die Bevölkerung auf, das Gesetz zu unterstützen. Gegen das Inkrafttreten hatte es zuvor in Ungarn Proteste von Menschenrechtsaktivisten und Vertretern der LGBTIQ-Gemeinschaft gegeben.
„Dieses ungarische Gesetz ist eine Schande“
Der Entwurf sieht vor, Informationsrechte von Jugendlichen in Hinblick auf Homosexualität und Transsexualität massiv einzuschränken. „Dieses ungarische Gesetz ist eine Schande“, hatte dazu EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen jüngst gesagt. Es diskriminiere Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und verstoße gegen fundamentale Werte der Europäischen Union, sagte von der Leyen.
Orbán sieht das anders: Die Rechte von Homosexuellen würden vom ungarischen Staat sogar aktiv geschützt, sagte er zur Deutschen Presseagentur. Ungarns Regierung sprach mit Blick auf von der Leyens Äußerungen ihrerseits mehrfach von einer „Schande“. Die Kritik sei auf „falsche Tatsachen“ gegründet, da der Rechtsakt „keine diskriminierenden Elemente enthält“.
Auch Kanzlerin Merkel verurteilte Orbáns Entwurf
Der Mitte Juni vom ungarischen Parlament gebilligte Text sieht unter anderem ein Verbot von Büchern, Filmen und anderen Inhaltsträgern vor, die Kindern und Jugendlichen zugänglich sind und in denen Sexualität dargestellt wird, die von der heterosexuellen abweicht. Darüber hinaus soll Werbung verboten werden, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen. Das Gesetz gilt als besonderes Anliegen des Ministerpräsidenten, dem Kritiker das Schüren von Vorurteilen gegen Minderheiten vorwerfen.
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte jüngst, sie halte dieses Gesetz für „falsch und auch mit meinen Vorstellungen von Politik nicht vereinbar“. „Wenn man homosexuelle, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften erlaubt, aber die Aufklärung darüber an anderer Stelle einschränkt, dann hat das auch mit Freiheit von Bildung und ähnlichem zu tun“, so Merkel in einer Befragung im Bundestag. „Also das ist für mich etwas, was ich politisch ablehne.“ Als Grundsatzkritik an Ungarn wollte sie das nicht verstanden wissen. „Meine Haltung Ungarn gegenüber ist sehr freundschaftlich verbunden, aber wenn es politische Differenzen gibt, werden sie benannt.“
Die EU hatte als Reaktion auf das Gesetz in der vergangenen Woche ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet. Europa werde es niemals zulassen, dass „Teile unserer Gesellschaft diskriminiert werden“, sagte von der Leyen. Zuvor hatten 17 EU-Staaten einschließlich Deutschlands die EU-Kommission aufgefordert, umgehend gegen das Gesetz vorzugehen.(mik/dpa)