Putins Armee unter Druck: Ukraine holt sich teilweise annektierte Gebiete zurück
So schnell kann’s gehen: Noch am Freitag zelebrierte Kreml-Chef Wladimir Putin in einer prunkvollen Zeremonie die Annexion von vier ukrainischen Gebieten – nun haben ukrainische Truppen große Erfolge gefeiert und Teile der Regionen zurückerobert. Der Druck auf die russische Armee steigt dadurch erneut stark an.
Die strategisch wichtige Stadt Lyman im Osten des Landes ist wieder unter ukrainischer Kontrolle, ebenso wie einzelne Gebiete im südukrainischen Cherson. Laut des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seien die Ortschaften Arkhanhelske und Myrolyubiwka dort zurückerobert worden. In sozialen Medien ist gar von der Befreiung weiterer Dörfer in der Region die Rede.
Im Bezirk Luhansk hätten sich ukrainische Soldaten bei der Stadt Lyssytschansk bereits festgesetzt, schrieb ein Militärsprecher der von Moskau gelenkten Luhansker Separatisten am Montag auf Telegram. Eine große Niederlage für Russland also – und ein wichtiger und vor allem symbolischer Erfolg für die Ukraine. Auch vom russischen Verteidigungsministerium wurden Verluste im Kampf um Lyman mittlerweile eingeräumt.
Ukrainische Gegenoffensive in annektierten Gebieten
Angesichts der Rückeroberungen bezeichnete Selenskyj die Annexionen durch Russland als bedeutungslos. „Sobald die ukrainische Flagge zurückgekehrt ist, erinnert sich niemand mehr an die russische Farce mit irgendwelchen Papieren und irgendwelchen Annexionen“, sagte er in einer Videoansprache. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson am Freitag hatte Selenskyj seine Truppen unbeirrt weiterkämpfen lassen, Putin eine klare Absage in Sachen Verhandlungen gegeben – und einen schnellen NATO-Betritt der Ukraine gefordert.
Auch wenn die ukrainischen Einheiten in den annektierten Gebieten weiter von der russischen Arme beschossen werden: Moskaus Truppen stehen unter massivem Druck. Aus den annektierten Gebieten berichteten die russischen Besatzer am Montag bereits von zahlreichen Versuchen der Ukraine, Frontlinien zu durchbrechen. Nach Angaben des Obersten des österreichischen Bundesheeres, Markus Reisner, sprächen zahlreiche russische Quellen gar vom Zusammenbruch der russischen Verteidigungslinie. Auch der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama prophezeite den Russen einen „größeren Zusammenbruch in den kommenden Tagen“.
Russland hindert wehrpflichtige Männer an Ausreise
Die Besatzer gehen währenddessen davon aus, dass aufgrund der angespannten Lage eine russische Großoffensive im Osten und Süden der Ukraine beginnt. Der Separatistenführer Denis Puschilin in Donezk zeigte sich im Staatsfernsehen am Montag zuversichtlich, dass sich die Lage an der Front zugunsten der Besatzer entwickeln werde. Angesichts der Massenflucht seit der rund zehn Tagen laufenden Teilmobilmachung hat Russland eigenen Angaben zufolge damit begonnen, wehrpflichtige Männer aktiv an der Ausreise zu hindern.
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In Moskau geht trotz der erfolgreichen, ukrainischen Gegenoffensive formal alles sein Gang: Das Unterhaus der Duma, des russischen Parlaments, hat die Annexionsverträge inzwischen ratifiziert – ohne Gegenstimme. Das Oberhaus des vom Kreml kontrollierten Parlaments wird dies voraussichtlich am Dienstag tun. (alp/dpa)