Kommentar zu Hanau-Morden: Die AfD tut dies mit Absicht
Hanau –
Je mehr über den Täter von Hanau publik wird, desto mehr erhärtet sich der Verdacht, dass es sich um Rechtsterrorismus handelt. Das Leben des Täters, seine bisher bekannten Äußerungen, die Opfer: Vieles erinnert fatal an den Anschlag auf die Synagoge von Halle, der nicht zum Massaker ausartete, weil eine stabile Holztür den bewaffneten Rechtsextremisten aufhielt. Ein Kommentar.
Natürlich macht manches einen wahnhaften Eindruck. Doch die Grenzen zwischen Extremismus und Wahn sind fließend.
Dies hat sich bei rechtsextremistischen Verbrechern wie denen von Oslo oder München ebenso gezeigt wie bei islamistischen – und es liegt in der Natur der Sache.
Die rechtsextremistische Ideologie wird meist in der sogenannten „Mitte der Gesellschaft“ ausgebrütet.
Vereinsamte Männer greifen zur Waffe
Doch zur Waffe greifen zuweilen vereinsamte Männer – nicht Frauen –, die scheinbar nichts mehr zu verlieren haben. Wer jetzt wie einige AfD-Vertreter allein auf Pathologisierung des Täters setzt und die Zusammenhänge zu verschleiern sucht, der tut dies mit Absicht.
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Es sind Existenzen am Rande der Gesellschaft, die teilweise noch bei ihren Müttern leben und die ihr Scheitern mit Mord zu veredeln meinen. Das alles geschieht in der Annahme, die Einheit mit jener Gesellschaft wieder herstellen zu können, in deren Auftrag sie zu handeln glauben.
Sicherheitsbehörden müssen entschlossener agieren
Die Sicherheitsbehörden müssen noch entschlossener agieren. Es gibt weniger ein Erkenntnis- als ein Vollzugsdefizit.
Parallelen zum Kampf gegen den RAF-Terror sind nicht übertrieben. Mit dem Unterschied, dass man die Köpfe der RAF auf Fahndungsplakate drucken konnte, Urheber des Rechtsterrors oft erst im Augenblick ihrer Untaten aus der Versenkung auftauchen. Dann ist es zu spät.
Gegenwehr darf nicht mehr bloß beschworen werden. Sie muss endlich Wirklichkeit werden. Dazu zählt eine entschlossene Solidarisierung mit den Opfern, nicht zuletzt den muslimischen.
CDU, CSU und FDP sind in der Pflicht
Es wäre auch über die Krise der Männlichkeit zu reden, aus der Extremismus wachsen kann. Schließlich darf Antifaschismus keine linke Angelegenheit bleiben. Wenn zu Demonstrationen gegen Rechtsaußen aufgerufen wird, sind auch CDU, CSU und FDP in der Pflicht.
Diese müssen sich wiederum schneller von Grenzgängern in den eigenen Reihen distanzieren. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus, der sich auf das Entsetzen vieler Menschen stützen kann, muss nach Hanau mehr Breite und Tiefe gewinnen. Sonst geht er verloren. (RND)