Bundeskanzler Scholz bei Putin: Friedensgrüße aus Moskau
Gemischte Signale aus dem Kreml: Kurz vor dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Wladimir Putin hatte Russland einen Teilabzug seiner Streitkräfte von den ukrainischen Genzen bekannt gegeben. Scholz sprach von einem „guten Zeichen“. Doch eine andere Bemerkung des russischen Präsidenten lässt aufhorchen.
Es sei „unsere verdammte Pflicht“, einen kriegerischen Konflikt in Europa zu verhindern, sagte der Kanzler bei seinem gemeinsamen Auftritt mit Putin vor der Presse. Er hoffe, das nach dem Teilabzug der Truppen weitere Schritte folgen werden. Pikant: Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bestätigte eine Verlegung russischer Einheiten zunächst nicht. Das Gebiet wird großflächig durch Spionage-Satelliten überwacht.
Krieg? Putin antwortet ausweichend
Man habe vereinbart, auf allen Kanälen weiter zu sprechen, machten beide Politiker klar. „Sicherheit in Europa gibt es nur mit Russland, nicht gegen Russland“, sagte Scholz. Auf die Frage einer Journalistin, ob er garantieren könne, dass es keinen Krieg mit der Ukraine geben werde, antwortete Putin zunächst ausweichend. Später erklärte er: „Natürlich wollen wir keinen Krieg.“
Zu einem kurzen Disput zwischen Scholz und Putin kam es, als der Kanzler den defensiven Charakter der Nato betonte. Putin verwies daraufhin auf den Jugoslawien-Krieg in den 90er Jahren. Als Scholz erklärte, damals sei es darum gegangen, einen Völkermord zu verhindern, erklärte Putin: „Auch im Donbass gibt es einen Völkermord.“
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Tatsächlich existieren keinerlei Hinweise darauf, dass eine Volksgruppe in dem weitgehend von prorussischen Milzen beherrschten Gebiet von einem Genozid bedroht ist. Russland betrachtet sich allerdings als Schutzmacht aller im Ausland lebenden Russen. Ein „Hilferuf“ der dortigen Separatisten wegen eines „Völkermords“ könnte also einen willkommenen Anlass für einen Einmarsch bieten. Scholz hatte auf Putins Behauptung nicht reagiert, aber leicht die Augen gerollt.
Scholz zu Nord Stream 2: „Alle wissen, was los ist“
Der Kanzler nannte in Gegenwart Putins die deutsch-russische Gaspipeline „Nord Stream 2“ auch erstmals seit Wochen öffentlich beim Namen. Diese sei im Kriegsfall auch Gegenstand von Sanktionen, machte er klar, ohne es direkt zu sagen: „Was die Pipeline betrifft, wissen alle, was los ist.“ Er hoffe aber, das es nicht so weit kommen werde: „Wir sind mit unseren diplomatischen Möglichkeiten noch nicht am Ende.“
Putin lobte in diesem Zusammenhang auch das Wirken Gerhard Schröders. Der deutsche Ex-Kanzler und Gazprom-Lobbyist sei ein „anständiger Mensch“ und „unabhängiger Experte“. Ohne ihn wäre das russische Gas für Deutschland drei bis fünfmal so teuer, behauptete der russische Präsident. Scholz wollte das Wirken Schröders nicht weiter kommentieren: „Es spricht für sich.“
Kanzler spricht auch Memorial und Nawalny an
Die beiden Politiker hatten auch über andere heikle Themen gesprochen. So sei das Betätigungsverbot der Menschenrechtsorganisation „Memorial“ in Deutschland „auf großes Unverständnis“ gestoßen, sagte Scholz. Zu den Prozessen gegen den russischen Oppositionellen Alexander Nawalny befand der deutsche Regierungschef: „Mit rechtsstaatlichen Grundsätzen ist seine Verurteilung nicht vereinbar.“
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Annährung scheint es immerhin im Streit um die „Deutsche Welle“ zu geben. Das deutsche Auslands-TV darf in Russland nicht mehr senden, seit der russische Staatssender „RT Deutsch“ in Deutschland Probleme hat. Putin: „Ich will nicht ins Detail gehen, aber wir werden uns Gedanken machen.“