Scholz-Regierung beschließt Gesetze mit unklarer Zukunft
Im Bundestag hat die rot-grüne Bundesregierung keine Mehrheit. Deshalb ist es fraglich, ob die jetzt vom Kabinett beschlossenen Gesetze jemals in Kraft treten werden.
Frauen sollen besser vor häuslicher Gewalt geschützt und öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen mit Tarifbindung vergeben werden. Das sind einige Ziele der zahlreichen Gesetzentwürfe, die das Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Ob die Vorhaben in dieser Form jemals umgesetzt werden, ist allerdings völlig offen. Die Gesetze müssten nämlich noch vom Bundestag verabschiedet werden, wo SPD und Grüne nach dem Aus der Ampel-Koalition keine Mehrheit mehr haben.
Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Kabinettsbeschlüsse wies Regierungssprecher Steffen Hebestreit trotzdem zurück: „Die Bundesregierung ist im Amt, der Bundestag tagt.“ Deshalb sei es das gute Recht der Regierung, solche Gesetzentwürfe auf den Weg zu bringen.
Die wichtigsten Vorhaben im Überblick:
Gewalthilfegesetz: Für Opfer von häuslicher Gewalt will Familienministerin Lisa Paus (Grüne) einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung einführen. Die Bundesländer sollen dazu verpflichtet werden, ausreichend Plätze in Frauenhäusern sicherzustellen und für genügend Beratungsangebote zu sorgen. Im Gegenzug würde sich der Bund an der Finanzierung beteiligen. Eine Umsetzung scheint allerdings unwahrscheinlich, denn auf Stimmen von Union und FDP kann die Rest-Ampel im Bundestag voraussichtlich nicht zählen.
Tariftreuegesetz: Aufträge des Bundes sollen nur noch an Unternehmen vergeben werden, in denen tarifvertragliche Standards gelten. „Ich will, dass noch mehr Beschäftigte von Tarifverträgen profitieren“, erläuterte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). „Tarifverträge sichern anständige Löhne und gute Arbeitsbedingungen.“ Eine Mehrheit im Bundestag gilt jedoch als äußerst fraglich. Schon in der gescheiterten Ampel sah die FDP das Vorhaben kritisch. Die CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner hatte den Plänen ebenfalls eine Absage erteilt.
Vergaberecht: Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen – etwa bei Infrastrukturprojekten – soll einfacher und schneller werden. Aufträge per Direktvergabe statt über komplizierte Ausschreibungen zu vergeben, soll bis zu einem Wert von 15.000 Euro möglich werden. Bisher liegt die Grenze dafür bei 1.000 Euro.
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Stiftung NSU-Komplex: Ein Dokumentationszentrum in Berlin soll die Erinnerung an die Verbrechen der rechtsextremen Terrorzelle NSU wachhalten. Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht eine Stiftung vor, die den Aufbau einer solchen Einrichtung in die Wege leiten soll. Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU), der von 1998 bis 2011 existierte, ermordete zehn Menschen – vorwiegend aus rassistischen Motiven.
Zukunftsfinanzierungsgesetz II: Das Finanzministerium will die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandortes Deutschland stärken und die Finanzierungsoptionen für junge Start-up-Firmen verbessern. Konkret geht es um bessere steuerliche Rahmenbedingungen von Investitionen in Wagniskapital. Deutsche Start-ups wandern oft ins Ausland ab, weil dort der Zugang zu Kapital einfacher ist. (dpa)