Folgen der NRW-Wahl: Schwarz-Grün ist die Hoffnung – oder doch nicht?
Das Signal der „kleinen Bundestagswahl“ war klar: Ein knappes Fünftel der Bundesbürger:innen hat in NRW über den Landtag in Düsseldorf abgestimmt. Eindeutige Gewinner: CDU und Grüne. Wie schon zuvor in Schleswig-Holstein. Einiges spricht dafür, dass die beiden es auch als Koalitionspartner miteinander probieren. Andererseits: An einigen Punkten zeigt sich auch, dass es nicht gerade eine Liebeshochzeit würde.
Grün ist die Hoffnung – so das Sprichwort. Ginge es nach Ministerpräsident Hendrik Wüst und einigen anderen CDU-Granden, dann ist sie künftig schwarz-grün. Der Landesvater, der sich vor allem früher gerne als Konservativer inszenierte, spricht plötzlich davon, ein „Zukunftsbündnis“ schmieden zu wollen. Mit welchem Partner, das ist zwar noch nicht festgelegt. Aber bei seiner Dankesrede zum Wahlsieg brauchte er erstaunlich wenig Zeit, um Mona Neubaur, Spitzenkandidatin der Grünen, zu ihrem großen Erfolg zu gratulieren.
Von der „Pizza-Connection“ bis zum Zukunftsmodell
Als erstes wird Wüst definitiv auf die einst verhassten Ökos zugehen. Neben Grün-Schwarz in Baden-Württemberg und Schwarz-Grün in Hessen wäre dies dann die dritte Landesregierung mit diesen beiden Partnern. Plus Jamaika in Schleswig-Holstein, so es dabei bleibt. Was einst mit der „Pizza-Connection“ einiger grüner und schwarzer Abgeordneter in Bonn begann – ein Zukunftsmodell auch für den Bund?

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In NRW spricht einiges dafür, dass es klappen könnte. Wüst gab sich schon im Vorfeld ökologisch und klimasensibel. Etwa mit CDU-Stiften als Wahlgeschenk: „Produziert mit CO₂ -neutralem Ökostrom. Aus biologisch abbaubarem Material“ – so steht’s auf der Rückseite. „Saubere Mobilität“ soll neben Bildung und innerer Sicherheit Kern des „Zukunftsbündnisses“ werden. Auch die weitere Transformation des Stahl- und Kohlebaus dürften die Grünen leichter mit der CDU als mit der SPD umsetzen können.
Herbert Reul (CDU) ist verhasst bei der grünen Basis
Wobei etwa die innere Sicherheit ein Knackpunkt werden dürfte. Innenminister Herbert Reul (CDU) steht wie kaum ein zweiter für das Thema. Und ist verhasst bei der grünen Basis. Auch die Verkehrspolitik war „bisher eher autozentriert“, heißt es bei den Grünen. Auch beim Datenschutz dürfte es haken.
Andererseits hat Neubaur schon vor der Wahl immer wieder angedeutet, dass Schwarz-Grün durchaus vorstellbar sei. NRW solle die „erste klimaneutrale Industrieregion Europas“ werden. Das dürfte mit der CDU leichter gehen als mit den Kohlekumpels von der SPD. Außerdem dürfte der grüne Wandel gerade in ländlichen Regionen der Bevölkerung von der CDU leichter schmackhaft gemacht werden.
Olaf Scholz dürfte nach Düsseldorf schielen
Wer allerdings besonders interessiert auf die schwarz-grünen Annäherungsversuche schauen dürfte, ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die NRW-Wahl galt schon im Vorfeld als Stimmungsbild für die Regierungsarbeit der Ampel. Und da gab’s nunmal sehr schlechte Neuigkeiten: Zwei der drei Partner, nämlich SPD und FDP, schmieren gewaltig ab.
Dabei hatte SPD-Parteichef Lars Klingbeil noch vor einem guten halben Jahr jubelnd den Beginn eines „sozialdemokratischen Jahrzehnts“ ausgerufen. Frei nach der inoffiziellen SPD-Hymne „Wann wir schreiten Seit’ an Seit’“, wo es heißt: „Mit uns zieht die neue Zeit.“ Nun hat das Jahrzehnt doch nur ein halbes Jahr gedauert, so spottete die Wochenzeitung „Die Zeit“.
Gehört Schwarz-Grün die Zukunft?
Die „neue Zeit“ könnte mittelfristig also Schwarz-Grün gehören. Es scheint, als wäre die Scholz-SPD bereits entzaubert. Was nicht zuletzt an der katastrophalen Kommunikation des Kanzlers liegt.
Allerdings wissen das auch die Grünen. Sie könnten so einerseits eine Machtoption ausbauen. Andererseits würde die Ampel in Berlin noch größeren Schaden nehmen. Manche politische Beobachter:innen in Berlin fürchten schon, dass es die Koalition bald ganz zerreißen könne.
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Und: Soziale Themen wären bei Schwarz-Grün auch nur noch Randnotiz. Die grüne Basis würde sich weiter Rot-Grün wünschen, zur Not eben auch mit den Liberalen als drittem Partner. Klar ist derzeit nur eins: Dass die alten Lagerkämpfe der Vergangenheit angehören. (km)
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