Seine Mitarbeiter schmeißen hin: Druck auf Schröder wegen Putin-Nähe wächst
Die Spitze der eigenen Partei forderte bereits mit drastischen Worten ein Ende von Gerhard Schröders Engagement in russischen Firmen, der linke SPD-Flügel sogar seinen Parteiaustritt. Nun schmeißen auch die Mitarbeiter des Ex-Kanzlers in Berlin hin. Aber: Der 77-Jährige bleibt stoisch – während alle anderen ihre Verbindungen zum Kreml kappen.
„Ich kann bestätigen, dass die vier Mitarbeiter in dem Büro gebeten haben, wieder in anderen Funktionen zu arbeiten“, sagte Schröders langjähriger Büroleiter und Redenschreiber Albrecht Funk gestern der Nachrichtenagentur Reuters. Von dem bevorstehenden Abschied berichtete zunächst das Nachrichtenportal „The Pioneer“. Seit mehr als 20 Jahren ist Funk an der Seite des Sozialdemokraten, gilt als enger Vertrauter – bis jetzt. Neben Funk wenden sich auch drei weitere Schröder-Mitarbeiter von ihrem Chef ab.
Ob das Kanzleramt ihm neues Personal genehmigt, sei offen. Denn günstig ist das nicht: Für Schröders Personalausgaben sind im vergangenen Jahr 407.000 Euro aus der Staatskasse geflossen, wie aus einer Antwort des Kanzleramts auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht.
Schröder: Er ist immer noch Aufsichtsratschef bei Rosneft
Laut „The Pioneer“ war der Ukraine-Krieg Grund für den Bruch zwischen Funk und Schröder: Der Büroleiter soll seinem Chef eine klare Distanzierung von Putin sowie einen Rücktritt von allen Aufsichtsratsmandaten in russischen Unternehmen empfohlen haben. Aber: Von solchen Schritten oder Überlegungen wollte Schröder nichts hören. Der 77-Jährige ist nach wie vor Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat Führungspositionen bei Nord Stream und Nord Stream 2 inne. Nord Stream 2 entließ am Dienstag alle 122 Angestellten.
Am vergangenen Donnerstag hatte Schröder die Regierung in Moskau im Online-Netzwerk LinkedIn lediglich aufgefordert, den Ukrainekrieg schnellstmöglich zu beenden, von persönlichen Konsequenzen war nicht die Rede. Gestoppt werden soll nun allerdings Schröders Podcast „Die Agenda“, wie sein ehemaliger Regierungssprecher Béla Anda bestätigte. Noch im Januar hatte Schröder Kiew dort „Säbelrasseln“ vorgeworfen.
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Doch der Ex-Kanzler, den Kumpel Putin im Februar als „anständigen Menschen“ gelobt und dessen geplante Nominierung für den Gazprom-Aufsichtsrat er unterstützt hatte, steht unter den Staatsmännern a. D. zunehmend alleine da: So zog sich bereits Italiens Ex-Premier Matteo Renzi aus dem Aufsichtsrat einer russischen Carsharing-Firma zurück, Österreichs Ex-Kanzler Christian Kern legte sein Mandat als Aufsichtsrat der Russischen Staatsbahn nieder.
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Auch sonst, gekappte Leitungen, wohin man schaut: Der FC Schalke 04 trennt sich von Sponsor Gazprom, ebenso die UEFA oder der Europapark. Auch die Öl-Riesen BP und Shell beendeten ihre Zusammenarbeit mit dem Konzern. Wann wird Schröder, Putins letzter überzeugter Stiefellecker – zumindest in Deutschland – mitziehen und seinen Kreml-Draht kappen?