So katastrophal ist das Erbe von Jens Spahn
Er ist das Gesicht des Missmanagements in der Corona-Krise geworden: Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Offenbar planlos versucht er seit über einem Jahr der Pandemie Herr zu werden – und stolpert über eigene Versprechen. Wer sein Nachfolger wird, ist unklar. Sicher ist jedoch: Allein das Chaos zu beseitigen ist eine Herkules-Aufgabe.
Der zweite Corona-Winter, die vierte Infektionswelle. Doch wer dem Bundesgesundheitsminister zuschaut, könnte meinen, wir befänden uns im ersten Krisenmonat. Nicht entschlossenes Handeln und klare Kommunikation bestimmen die Corona-Politik, sondern hektisches Ausbessern verpasster Gelegenheiten.
So wollte Spahn die Auslieferung von Biontech-Impfstoff an Ärzte begrenzen, während die Zahl der Corona-Neuinfektionen rasant steigt. Der Grund: Die gelagerten Moderna-Impfdosen drohen zu verfallen. Bei Booster-Impfungen soll daher auf diesen Impfstoff gesetzt werden.
Ein Plan, der nicht nur vielen Ärzten zusätzliche Beratungszeit beschert, sondern auch von Experten kritisiert wird. Man habe es frühzeitig wissen können, dass das Verfallsdatum der Moderna-Impfdosen nahe, so der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach im Deutschlandfunk. Den Biontech-Impfstoff, dem die Menschen vertrauen, nun zurückzuhalten, finde er nicht richtig.
Spahn hinterlässt Booster-Chaos
Gleichzeitig hat Spahn alle Bürger ab 18 Jahren zur Booster-Impfung aufgerufen – ohne den Vorgang zuvor konkret zu planen. Das Ergebnis: Chaos und meterlange Warteschlangen vor und in den Arztpraxen und den Impfzentren. Das Hauptproblem: Es steht vor Ort zu wenig Impfstoff zur Verfügung. Wie die „Bild“ berichtet, haben 100.000 Ärzte für diese Woche 8,57 Millionen Dosen Impfstoff bestellt – 4,65 Millionen von Biontech und knapp 4 Millionen von Moderna. Doch es kann wohl nur knapp die Hälfte der bestellten Menge von Biontech ausgeliefert werden.
Auch der Moderna-Impfstoff steht nicht zur freien Verfügung: In den Lagern gibt es genug, doch bei der Auslieferung kommt es zu Engpässen. Die plötzliche Masse an Bestellungen überfordert die Logistik. Ärzte und Impfteams können daher die Booster-Impfungen nicht wie geplant umsetzen. In Niedersachsen droht ab Montag der Ausfall von bereits vereinbarten Impfterminen und die Verschiebung des Starts in 180 zusätzlichen Impfpraxen.
Doch nicht nur der Impfstoff, auch die Corona-Selbsttests sind knapp. Auch hier das Problem: Hohe Nachfrage trifft auf ein zu kleines Angebot. Vielerorts ist es derzeit nicht möglich, Tests zu bekommen – im Sommer wurde aufgrund der entspannten Lage die Produktion heruntergefahren.
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Dazu kommt eine katastrophale Krisen-Kommunikation, darunter die Kehrtwende beim Thema Impfpflicht. Im Mai 2020 versprach Spahn: „Ich gebe Ihnen mein Wort: Es wird in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben.“ Heute ist sie im Gespräch – und wird wohl kommen. Im August schloss er einen Lockdown für Ungeimpfte aus – mittlerweile steht allen einer bevor. Natürlich, keiner konnte ahnen, dass Deutschland die notwendige Impfquote nicht erreicht. Doch: Vertrauen in Politik wird so nicht gestärkt. Spahn kann sich bald zurücklehnen – sein Nachfolger muss die lange Liste an Pannen ausbaden.