So könnte ein Ampel-Kabinett unter Scholz aussehen
Alles läuft auf eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hinaus. Die Liberalen pochen darauf, dass ihr Vorsitzender Christian Lindner das Finanzministerium übernimmt. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Für die meisten anderen Ministerämter gibt es ebenfalls schon Favoriten – auch wenn die Parteien bestreiten, bereits konkreter über Personalien gesprochen zu haben.
Die MOPO stellt die aussichtsreichsten Kandidatinnen und Kandidaten vor. Allerdings gibt es noch einige Unwägbarkeiten, vor allem was die Verteilung der Ressorts angeht. Denn es gilt eine Reihe weiterer Ämter zu besetzen, die in die Gesamtrechnung einfließen werden. Darunter wohl die der Staatsminister für Kultur, Digitales und Integration sowie die Posten des Bundestagspräsidenten und des Bundespräsidenten.
Kanzler, Olaf Scholz (SPD)
Der 63-Jährige wird im Fall einer Ampel Bundeskanzler. In diesem Amt bestimmt er „die Richtlinien der Politik“ des gesamten Kabinetts.
Finanzen, Christian Lindner (FDP)
Die FDP und ihr Parteichef (42) erheben schon länger den Anspruch auf das Finanzministerium. Dort hätte sie den größten Einfluss auf Steuern und Abgaben. Am Ende wird sich die FDP wohl gegen die Grünen durchsetzen.
Außen, Annalena Baerbock (Grüne)
Die gelernte Völkerrechtlerin dürfte am Ende ins Auswärtige Amt einziehen. Trotz anders lautender Gerüchte hat die 40-Jährige auch gute Chancen Vize-Kanzlerin zu werden.
Umwelt und Klima, Robert Habeck (Grüne)
Der 52-Jährige dürfte das für seine Partei wichtigste Ressort besetzen. Die Frage ist, wie viele weitere Kompetenzen (z. B. für Energiefragen) sich die Partei in den Verhandlungen in das Ministerium holen kann.
Verkehr, Anton Hofreiter (Grüne)
Der bisherige Ko-Fraktionsvorsitzende ist einer der verkehrspolitischen Experten seiner Partei. Der eher der Partei-Linken zuzurechnende 51-Jährige gilt als hart in der Sache, aber pragmatisch, wenn es um die Umsetzung geht. Er war es, der sich als Erster vom Tempolimit auf Autobahnen verabschiedete. Denkbar ist auf dem Posten aber auch Cem Özdemir.
Gesundheit, Saskia Esken (SPD)
Olaf Scholz hält die SPD-Chefin ausdrücklich für „ministrabel“, wie er im Wahlkampf erklärte. Die 60-Jährige könnte das Gesundheitsressort übernehmen, auch wenn Karl Lauterbach ebenfalls schon Ansprüche auf diesen Job angemeldet hat. Scholz wird aber ein Interesse daran haben, seine Partei-Chefin in die Kabinettsdisziplin einzubinden.
Landwirtschaft, Till Backhaus (SPD)
Wenn es nicht sogar abgeschafft wird – auch diese Forderungen gibt es – könnte das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung an die SPD fallen. Dann könnte die Stunde des bisherigen Landwirtschaftsministers in Mecklenburg-Vorpommern (62) schlagen: Er hätte Erfahrung und käme aus dem Osten – er könnte eine der Überraschungen werden.
Bildung/Wissenschaft, Johannes Vogel (FDP)
Bildung war eines der zentralen Themen der FDP im Wahlkampf. In dem Ministerium werden zudem wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Zwei Gründe, warum sich die Partei das Ressort sichern will. Der bisherige Rentenexperte seiner Partei gilt als schlau und ehrgeizig. Der 39-Jährige ist nicht als Anhänger des Bildungsföderalismus bekannt.
Inneres, Boris Pistorius (SPD)
Das Innenministerium wird sich die SPD wohl nicht nehmen lassen. In dem Zusammenhang fällt in Berlin immer wieder der Name des niedersächsischen Innenministers. Der 61-Jährige gilt vielen in der Partei als Politiker vom Typ des Ex-Bundesinnenministers Otto Schily: Er kann den „Sheriff“ geben, ohne die Parteilinke zu sehr zu verschrecken.
Familie, Katrin Göring-Eckardt (Grüne)
Sollte die 55-Jährige nicht doch Bundespräsidentin werden – wogegen einiges spricht – dürfte die bisherig Ko-Fraktionsvorsitzende ins Familienministerium wechseln. Die engagierte Protestantin beackert dieses Themenfeld bereits seit Langem mit großer Leidenschaft. Als Frau aus dem Osten wäre sie für die Grünen am Kabinettstisch gesetzt.
Kanzleramt, Wolfgang Schmidt (SPD)
Der 51-Jährige ist einer der wenigen, die sich ihres Postens sicher sein können. Der bisherige Staatssekretär im Finanzministerium gilt als der engste Vertraute von Scholz – und als sein wichtigster Strippenzieher. Die beiden kennen sich schon lange und haben bereits in Hamburg eng zusammengearbeitet. Scholz wird ihm den Posten des Kanzleramtschefs anvertrauten.
Arbeit/Soziales, Svenja Schulze (SPD)
Die bisherige Bundesumweltministerin könnte das für die SPD wohl wichtigste Ressort übernehmen. Die 53-Jährige hat bereits bewiesen, dass sie ein großes Haus weitgehend geräuschlos führen kann. Sie kommt aus dem größten SPD-Landesverband NRW und gilt eher als Partei-Linke.
Digitalisierung, Lars Klingbeil (SPD)
Sollte die Ampel ein eigenes Ministerium für Digitalisierung einführen – der bisherige SPD-Generalsekretär wäre wohl die erste Wahl seiner Partei. Anderenfalls könnte der 43-Jährige auch Staatsminister für Digitales werden oder als Vorsitzender an die Spitze der Bundestagsfraktion wechseln.
Verteidigung, Hubertus Heil (SPD)
Der bisherige Minister für Arbeit und Soziales könnte das Verteidigungsministerium übernehmen, wenn die FDP abwinkt. Grund: Das Ressort gilt als schwierig, die Bundeswehr teilweise als Sanierungsfall. Dafür wird ein erfahrener Politiker im Ministerrang gesucht – und das ist der 48-Jährige.
Justiz, Linda Teuteberg (FDP)
Die ehemalige Generalsekretärin schied im Streit mit Lindner aus dem Amt. Doch der Parteichef kann es sich kaum leisten, nachtragend zu sein. Denn Frauen mit Führungserfahrung sind in der FDP rar. Die 40-jährige Juristin könnte für die FDP ein weiteres Quoten-Problem lösen: Sie kommt aus dem Osten.
Wirtschaft, Volker Wissing (FDP)
Auch das Wirtschaftsressort dürfte am Ende an die FDP gehen. Eine denkbare Lösung könnte Marco Buschmann sein. Doch der FDP-Generalsekretär Volker Wissing gilt als Favorit für das Amt: Der 52-Jährige war bereits von 2016 bis Mai dieses Jahres Wirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz. Zudem hat Wissing in den Sondierungen für seine Partei eine zentrale Rolle gespielt.