Russische Soldaten außerhalb von Charkiw
  • Russische Soldaten außerhalb von Charkiw
  • Foto: IMAGO/Alexei Konovalov

Soldaten am Limit: Chaos, Tränen, Verzweiflung beim russischen Militär

Sie wurden von einem größenwahnsinnigen Machthaber in einen Krieg gezwungen, den sie nicht wollen – ausgerüstet mit Waffen und Technik, die nicht funktionieren. Jetzt herrschen Chaos und zunehmend auch Angst und Fluchtgedanken: So zeichnen Experten das Bild von Teilen der russischen Armee. Auch dort ist die Situation offenbar zunehmend verzweifelt. Der britische Verteidigungsminister sieht Putin bereits als erledigt an.

Der Spiegel zitiert einen privaten britischen Nachrichtendienst, der russische Militärkommunikation abgehört und aufgezeichnet hat. „Was wir herausgefunden haben, ist, dass die russischen Soldaten in völliger Unordnung operieren“, erklärt Samuel Cardillo, der Chef von ShadowBreak Intl, in dem Bericht. „Sie wissen nicht, wohin sie gehen und wie sie richtig miteinander kommunizieren können.“

Militärs müssten teils über nicht verschlüsselten Mobilfunk miteinander kommunizieren. Cardillo im britischen „Telegraph“: „Manchmal haben wir russische Soldaten im Kampf weinen gehört, manchmal, wie sie sich gegenseitig beschimpften – kein Zeichen guter Moral. Man kann oft hören, dass sie nicht besonders glücklich waren.“

Von der schwindenden – oder auch gar nicht erst vorhandenen – Kampfmoral der russischen Soldaten zeugen auch Panzer, die jenseits der Front einfach am Straßenrand stehengelassen wurden. Teils beschädigt, aber oft auch funktionsfähig. Für Phillips O’Brien, Professor für Militärstrategie an der St. Andrews University in Schottland, ist das ein eindeutiges Zeichen für eine schlechte Moral: „Die Truppen wollen in diesen Fällen anscheinend einfach nur weg.“

Russische Soldaten wussten nicht, dass sie in den Krieg geschickt werden

Und das so verzweifelt und unbedingt, dass junge Soldaten sogar Löcher in die Kraftstofftanks ihrer Panzer schlagen, um nicht in eine Schlacht zu geraten, die sie nicht führen wollen. Mehrere gefangene russische Soldaten sollen berichtet haben, sie hätten bis kurz vor dem Einsatz nicht gewusst, dass sie in den Krieg geschickt würden.


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Einer davon, Oberstleutnant Astakhov Dmitry Mikhailovich, sagte der ukrainischen Nachrichtenagentur UNIAN, dass russischen Soldaten vor dem Einsatz erzählt wurde, sie würden die Ukraine von Nazis befreien – die Männer hätten nicht gewusst, dass sie in der Ukraine auf erbitterten Widerstand treffen würden. Nachprüfbar sind solche Aussagen natürlich nicht – ob gefangene russische Militärs diese Statements freiwillig machen, lässt sich von außen nicht feststellen. Aber solche Berichte häufen sich.

Was noch einmal deutlich macht: Dieser Krieg wird nicht von „den Russen“ geführt – Soldaten gehen sogar so weit, ihn zu sabotieren. „Es gibt an vielen Stellen eine sehr geringe Kampfmoral“, so der britische Verteidigungsminister Ben Wallace in der BBC. Auch er spricht von Berichten, nach denen Männer ahnungslos in den Krieg geschickt wurden: „Junge Russen sagen: ,Ich wusste nicht, dass ich Ukrainer umbringen soll‘“, so der konservative Politiker.

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Wallace sieht Putin am Ende: „Das ukrainische Volk kann, wenn es so weitermacht wie bisher, die russischen Streitkräfte so weit zermürben, dass es für einen Sieg oder zumindest ein Patt ausreicht“, sagte er dem Sender Times Radio. Voraussetzung: die richtige Ausrüstung. Putin habe seine Armee erschöpft: „Er ist verantwortlich für den Tod Tausender russischer Soldaten, verantwortlich für den Tod unschuldiger Menschen“, so der Politiker.

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