Steinmeier
  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigt sich reumütig in Bezug auf seine Russlandpolitik als SPD-Außenminister.
  • Foto: picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Steinmeiers Russland-„Beichte“ – reicht das?

Als Außenminister hatte Frank-Walter Steinmeier beste Kontakte in den Kreml. Als Bundespräsident gesteht er jetzt als einer der wenigen Politiker aus der ersten Reihe Fehler ein. Aber genügt das? Der ukrainische Botschafter fordert mehr.

Wie eng das Verhältnis Steinmeiers zu Putin war, zeigte sich 2016. Nach der Annexion der Krim nutze der damalige Außenminister ein Nato-Manöver in Osteuropa, um seinen Standpunkt klar zu machen: „Was wir jetzt nicht tun sollten, ist durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul die Lage weiter anzuheizen. Wer glaubt, mit symbolischen Panzerparaden an der Ostgrenze des Bündnisses mehr Sicherheit zu schaffen, der irrt.“ Diese Sätze sorgten nicht nur in Osteuropa für Kopfschütteln.

Steinmeier: „Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt“

Sechs Jahre später ist aus Steinmeier das Staatsoberhaupt geworden. Ein Staatsoberhaupt in der Defensive. Denn seine Entscheidungen aus der Vergangenheit holen ihn ein: „Mein Festhalten an Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler“, erklärte er bereits am Montag mit Blick auf die deutsch-russische Gaspipeline durch die Ostsee. „Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben.“


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Seine Einschätzung sei gewesen, dass Putin nicht den kompletten wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen imperialen Wahn in Kauf nehmen werde. „Da habe ich mich, wie andere auch, geirrt.“

Steinmeier: Der „eingebunkerte Kriegstreiber Putin“

Am Dienstagmorgen setzte Steinmeier seine „Beichte“ im ZDF-Morgenmagazin fort. „Wir müssen unterscheiden zwischen dem Putin, der 2001 im Deutschen Bundestag geredet hat, der den Eindruck erweckt hat, es gebe die Chance für einen gemeinsamen Weg zur Freiheit, Demokratie und zur Beachtung der Menschenrechte, und dem eingebunkerten Kriegstreiber Putin des Jahres 2022“, warb der ehemalige SPD-Politiker für Verständnis.

Dann aber räumte Steinmeier ein: „Das wirklich Traurige ist, dass wir in vielen Punkten gescheitert sind.“ Dies betreffe den vergeblichen Versuch, Russland in eine europäische Sicherheitsarchitektur einzubinden, ebenso wie jenen, demokratische Werte in Russland voranzutreiben. „Das ist eine bittere Bilanz, vor der wir stehen“, fuhr der 66-Jährige fort.

Andrij Melnyk fordert von Steinmeier tätige Reue

Vor allem der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hatte Steinmeier zuletzt immer wieder verbal attackiert. Er begrüßte Steinmeiers Fehlereingeständnis, als „ersten Schritt“. „Für uns ist wichtig, dass diesen Aussagen jetzt Taten folgen. Diese Taten fehlen“, erklärte er weiter. Melnyk forderte Steinmeier auf, die Bundesregierung zu einem Energie-Embargo zu drängen.

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In den sozialen Medien wird vereinzelt sogar Steinmeiers Rücktritt gefordert. Ein Argument: Größer als das Bobby-Car von Christian Wulff oder Horst Köhlers Aussage, deutsche Handelswege müssten notfalls auch militärisch geschützt werden, seien Steinmeiers Russland-Fehler allemal. Beide Bundespräsidenten waren zurückgetreten.

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