Taliban in Kabul
  • Der UN-Bericht zeichnet ein Schreckensbild der Taliban-Herrschaft.
  • Foto: picture alliance/dpa/Oliver Weiken

Trotz „General-Amnestie“: Taliban töten Ortskräfte

Über Monate war relativ wenig aus dem Inneren Afghanistans nach außen gedrungen. Die neuen alten Machthaber, die Taliban, bemühten sich um ein positives Image, sprachen zuletzt mit Norwegen über ein Zugehen auf den Westen. Nun erschüttert ein UN-Bericht dieses Bild: 100 Ortskräfte und ehemalige Mitarbeiter der alten Regierung sollen – meist ohne Verfahren – von den Taliban getötet worden sein. Auch sonst gibt es wenig Positives zu berichten.

Zuletzt hatte man den Eindruck, dass die Taliban gehörig Kreide gefressen hätten. Wie beim Wolf im Grimm’schen Märchen „Der Wolf und die sieben Geißlein“ klang das alles zu schön, um wahr zu sein. Man wolle sich um ein gutes Verhältnis zum Westen bemühen. Von Frauenrechten war gar indirekt die Rede. Und von einer „General-Amnestie“ für die ehemaligen Ortskräfte, die nicht mehr von den westlichen Regierungen ausgeflogen werden konnten. Das Problem: Den Worten folgten offenbar gegenteilige Taten.

Über 100 Menschen sollen getötet worden sein

Dies legt unter anderem ein UN-Bericht nahe. „Trotz der Ankündigung einer General-Amnestie“ für Mitarbeiter der ehemaligen afghanischen Regierung und der Streitkräfte hätten  die UN „glaubwürdige Anschuldigungen über Tötungen“ und „gewaltsames Verschwindenlassen“ erhalten. Über 100 Menschen sollen getötet worden sein, bei mehr als zwei Dritteln soll es sich um „außergerichtliche Tötungen, die von De-facto-Behörden oder ihren Verbündeten begangen wurden“, handeln.

Außerdem seien „Menschenrechtsverteidiger und Medienschaffende weiterhin Angriffen, Einschüchterungen, Schikanen, willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen und Tötungen ausgesetzt“. Acht Mitglieder von zivilgesellschaftlichen Organisationen und zwei Presseleute sollen getötet worden sein. Auch auf der Todesliste der Taliban: rund 50 Mitglieder der verfeindeten Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS), die laut Bericht getötet wurden.

Kein Zugang für Frauen und Mädchen zu Arbeit und Bildung

Außerdem wird über gnadenloses Vorgehen gegen friedliche Proteste berichtet sowie über den fehlenden Zugang von Frauen und Mädchen zu Arbeit, Bildung und öffentlichem Leben. Schon vor Wochen hatte ein UN-Bericht von einer „groß angelegten und systematischen“ Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen geschrieben.


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Auch die desaströse wirtschaftliche Lage und die schlimmen Lebensbedingungen im Land werden thematisiert. „Ein ganzes komplexes soziales und wirtschaftliches System bricht zusammen“, heißt es. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung leidet laut UN diesen Winter an Hunger. Ein Grund: Die Hilfen aus dem Westen waren nach der Machtübernahme eingefroren worden, bis im Land die Menschenrechte wieder gelten.

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Daher plädiert auch UN-Generalsekretär António Guterres für Dialog, ohne die Taliban könne die Krise im Land nicht überwunden werden. Er schlägt eine neue UN-Vertretung in Afghanistan vor, die auf ein Einhalten der Menschenrechte hinwirken soll.

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