Ukraine: Plötzlich bröckelt Scholz‘ Panzer-Allianz
Die Bundesregierung verpasst ihr selbst gestecktes Ziel: Die Ukraine wird nicht die Zahl an Leopard-Panzern erhalten, die Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor kurzem zugesagt hatte. Der Grund: Partner-Länder schlagen sich plötzlich in die Büsche.
Ursprünglich sollte ein Bataillon Panzer vom Typ Leopard 2 A4 und ein Bataillon der deutlich moderneren und kampfstärkeren Leopard-Panzer 2 A6 an die ukrainische Armee übergeben werden. Ein Bataillon besteht in der Ukraine aus 31 Fahrzeugen. Probleme gibt es jetzt bei der moderneren Ausführung: „Beim Typ A6 werden wir die Bataillonsstärke nicht erreichen“, räumte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Mittwoch ein.
Nur Deutschland und Portugal machen Lieferzusage
Denn lediglich Deutschland (14) und Portugal (3) hatten sich vor einem Krisentreffen der „Leopard-Länder“ bereit erklärt, die hoch modernen Panzer zu liefern. Neue Lieferanten kamen am Mittwoch nicht dazu. Ursprünglich waren u.a. auch die Niederlande und Dänemark bereit zu liefern. Doch diese Zusage gilt nun nicht mehr. Hintergrund ist wohl die Angst, die eigene Verteidigungsfähigkeit nicht mehr gewährleisten zu können. Beide Länder haben der Ukraine bereits massive militärische Hilfe geleistet und wollen sich stattdessen nun an den Kosten für die Instandsetzung von 100 Leopard-1-Panzern in Lagern der deutschen Industrie beteiligen.
Auch Finnland hatte ursprünglich einen Teil ihrer 300 Leopard-Panzer zugesagt. Nun heißt es in Helsinki offiziell, man prüfe noch. Auf diplomatischen Kanälen machen die Verantwortlichen allerdings klar: Finnland will sich erst an der Liefer-Allianz beteiligen, wenn es in die NATO aufgenommen ist.
Habeck: „Vielleicht ein bisschen zu spät“
Immerhin: Das unter der Führung von Polen organisierte Bündnis für den Leopard A4 scheint zu funktionieren. Es sind in einem ersten Schritt genau 31 Panzer zusammengekommen.
Viel Zeit bleibt der Ukraine wohl auch nicht mehr. Selbst Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) erklärte nun mit Blick auf die Leopard-Panzer: „Wir tun, was wir derzeit tun können. Ein bisschen zu spät, aber immerhin ist es jetzt passiert.“ Militärexperten erwarten in kurzer Zeit eine massive Offensive Russlands. An einigen Stellen hat sie bereits begonnen.
Josep Borrell, Außenbeauftragter der EU, machte seinem Ärger über die nicht eingehaltenen Zusagen für die A6 Luft: „Die Länder müssen so viele Panzer wie möglich und so schnell wie möglich liefern. Es wäre sehr enttäuschend, wenn, nachdem so lange auf Deutschland mit dem Finger gezeigt wurde, dass sie nichts unternommen haben, diese Länder jetzt nicht mitziehen.“
Neue Sanktionen zum Jahrestag der Invasion
Tatsächlich steht Deutschland beim Thema Panzer-Lieferungen unter den größeren Ländern inzwischen sogar an der Spitze. Insgesamt hat die Bundesregierung etwa 200 dieser Kampffahrzeuge zugesagt. Zum Vergleich: die USA liefern 31 Kampfpanzer, Großbritannien 14 und Frankreich nur Spähpanzer.
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Neben der Unterstützung der Ukraine versucht der Westen auch, Russland durch Sanktionen zu schwächen. Pünktlich zum Jahrestag des Überfalls am 24. Februar bringt die EU das insgesamt zehnte Sanktionspaket auf den Weg. „Wir reden über rund elf Milliarden Euro“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch vor dem EU-Parlament. Das Paket umfasst unter anderem Exportbeschränkungen für elektronische Bauteile, „die in russischen Waffensystemen einschließlich Drohnen, Raketen und Helikoptern verwendet werden können“, so von der Leyen weiter. Man wolle die russische Kriegsmaschinerie weiter gezielt schwächen.