Wegen Sklaverei! Organisation zeigt Aldi, Lidl, Hugo Boss und Co. an
Eine Menschenrechtsorganisation hat bekannte deutsche Firmen angezeigt – unter ihnen Lidl und Hugo Boss. Der Vorwurf: Sie profitieren von der Zwangsarbeit in China.
Die Menschenrechtsorganisation „European Center for Constitutional and Human Rights“ (ECCHR) hat am Montag beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe Strafanzeige gegen mehrere deutsche Textilmarken und Händler gestellt. Die Klage richtet sich gegen die Discounter Lidl, Aldi Nord und Aldi Süd, sowie die Kleidungsketten C&A und Hugo Boss. Die Firmen sollen „direkt oder indirekt von Zwangsarbeit von Uiguren“ in der chinesischen Region Xinjiang profitieren. Damit könnten die Unternehmen in Verbrechen gegen die Menschlichkeit involviert sein, so der Vorwurf. Die „Taz“ berichtete zuerst.
Deutsche Unternehmen wegen Sklaverei angezeigt
Seit Jahren weisen Nichtregierungsorganisationen auf das Risiko von Zwangsarbeit im Baumwoll- und Textilsektor in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang hin. Hier lebt die muslimische Minderheit der Uiguren, die von der chinesischen Regierung systematisch unterdrückt wird. Berichten zufolge sollen hunderttausende Uiguren in den letzten Jahren in Umerziehungslagern gequält worden sein. Die chinesische Regierung bestreitet das offiziell – doch chinesische Staatsmedien haben die Lager selbst mehrfach erwähnt.
Xinjiang ist Chinas größtes Baumwollanbaugebiet. Mehr als 80 Prozent der landesweit hergestellten Baumwolle kommen aus der Region – das entspricht rund einem Fünftel der Weltproduktion. Ein Großteil davon wird noch immer per Hand gepflückt. Hier kommen die Uiguren ins Spiel: Laut Amnesty International und Human Rights Watch werden sie hierfür oft eingesetzt und zudem gezwungen, in der Textilindustrie zu arbeiten. So heißt es auch in der fast 100-seitigen Klageschrift des ECCHR. Die angezeigten Unternehmen würden laut ihrer Zulieferlisten aktuell in Xinjiang produzieren oder hätten es zumindest bis vor Kurzem getan.
Unternehmen weisen Vorwürfe zurück
Die Unternehmen weisen die Vorwürfe zurück. Lidl teilte dem ECCHR mit, dass es mit zwei Firmen dort, die ehemalige Insassen der Umerziehungslager beschäftigt haben sollen, seit „über einem Jahr nicht mehr“ zusammenarbeite. Hugo Boss machte deutlich, dass das Unternehmen keinerlei Zwangs- oder Pflichtarbeit oder jegliche Formen der modernen Sklaverei toleriere. „Wir gehen davon aus, dass bei der Herstellung unserer Waren unsere Werte und Standards eingehalten wurden und keine Rechtsverstöße vorliegen.“ Andere Behauptungen weise das Unternehmen zurück.
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Die Modeunternehmen Nike und H&M standen diesbezüglich auch bereits unter Druck – allerdings von anderer Seite. Als die USA und EU im Frühjahr wegen der Menschenrechtsverletzungen in der Region Sanktionen gegen chinesische Regierungsmitglieder verhängte, erklärten beide Unternehmen keine Baumwolle mehr aus Xinjiang zu beziehen. In China standen beide Marken daraufhin am Pranger und wurden offen boykottiert.
Das ECCHR fordert die Generalbundesanwaltschaft auf, „die mutmaßliche Zwangsarbeit und die mögliche rechtliche Verantwortung der Unternehmen zu untersuchen“. Unternehmen sind verpflichtet, völkerstrafrechtliche Standards einzuhalten – auch in repressiven Ländern. Sollte sich der Verdacht der Zwangsarbeit bestätigen, sei es „höchste Zeit, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden“. (vd)