Widersprüchliche Aussagen: Corona-Infektion: Wie geht es Donald Trump wirklich?
Washington –
US-Präsident Donald Trump hat nach einer Corona-Infektion die zweite Nacht in Folge in einem Militärkrankenhaus in Maryland verbracht. In einer Videobotschaft aus dem Krankenhaus sagte der 74-Jährige: „Ich fange an, mich wieder gut zu fühlen.° Doch „die wahre Prüfung° komme erst noch.
Auch vom Leibarzt gab es keine Entwarnung: „Während er noch nicht über den Berg ist, bleibt das Team vorsichtig optimistisch“, erklärte Arzt Sean Conley in der Nacht zum Sonntag. Die Stunden zuvor waren geprägt von widersprüchlichen Aussagen zu Trumps Gesundheitszustand, zum Zeitpunkt der positiven Corona-Diagnose und zur Behandlung.
CNN bemängelt „Glaubwürdigkeitsproblem“
Von einem „Glaubwürdigkeitsproblem“ des Weißen Hauses und „Fragen über die Fähigkeit der Regierung, die Wahrheit zu sagen“, sprach etwa der Sender CNN. Die Verwirrung um Trumps Zustand sorgte für weitere Turbulenzen im ohnehin chaotischen Wahljahr. In knapp einem Monat, am 3. November, stellen sich Trump und sein demokratischer Herausforderer Joe Biden zur US-Wahl.
Nach den Angaben von Arzt Conley hat Trump „erhebliche“ Fortschritte seit seiner Corona-Diagnose gemacht. Er habe kein Fieber mehr und brauche keinen zusätzlichen Sauerstoff. Die Sauerstoffsättigung von Trumps Blut habe zuletzt bei 96 bis 98 Prozent gelegen. Das ist ein wichtiger Wert: Wenn Covid-19 die Lunge angreift, wird der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt.
Trump lässt sich mit Remdesivir behandeln
Darüber hinaus habe Trump ohne Komplikationen eine zweite Dosis des Medikaments Remdesivir erhalten. Es hemmt ein Enzym der Viren, das für deren Vermehrung nötig ist. Trump selbst hat sich in den vergangenen Monaten für die Verwendung des Medikaments stark gemacht. Kritiker sagen allerdings: Das Mittel könne größere Nebenwirkungen hervorrufen, wie etwa Nierenschäden.
Das Weiße Haus veröffentlichte Bilder, auf denen zu sehen war, wie Trump von einem Schreibtisch und einem Konferenztisch in der Klinik aus Dokumente bearbeitet. Auf einem der Bildern trug er dabei einen Anzug ohne Krawatte, auf dem anderen ein weißes Hemd. Der Präsident vermittelte Zuversicht: „Ich denke, ich werde bald zurück sein“, sagte er in der Videobotschaft.
Zustand war offenbar schlechter als behauptet
Wie die „New York Times“ unter Berufung auf mehrere Ärzte schrieb, beträgt die kritische Zeitspanne nach einer Corona-Infektion, in der sich der Zustand eines Patienten verschlechtern kann, etwa sieben bis zehn Tage. Trumps Behandlung ziele darauf ab, einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern. Gleichzeitig sei sie ein Hinweis darauf, dass der Zustand des Präsidenten möglicherweise nicht immer so gut war, wie seine Ärzte offiziell berichteten, hieß es weiter.
Am Samstag war die Verwirrung über Trumps Zustand groß: Erst zeichneten Conley und sein Ärzteteam ein positives Bild. Wenige Minuten später hieß es unter Berufung auf eine informierte Person: „Wir befinden uns noch immer nicht auf einem klaren Weg zu einer vollständigen Genesung.“ Die nächsten 48 Stunden seien entscheidend. Die anonyme Quelle war laut Medienberichten Stabschef Mark Meadows.
Stabschef Meadows: „Wir waren wirklich besorgt“
Im TV-Sender Fox News bestätigte Meadows dann, dass Trumps Corona-Infektion einen schwereren Verlauf genommen hatte als zunächst dargestellt. „Gestern waren wir wirklich besorgt“, sagte Meadows am Samstagabend. „Er hatte Fieber, die Sauerstoffsättigung seines Bluts war rapide gefallen.°
Nach Medienberichten wurde Trump am Freitag im Weißen Haus zusätzlicher Sauerstoff zugeführt, bevor er ins Krankenhaus geflogen wurde. Das Weiße Haus hatte am Freitag noch betont, dass Trump nur leichte Erkrankungssymptome habe und nur als Vorsichtsmaßnahme in die Klinik gebracht worden sei.
Trump wurde nach offiziellen Angaben am Donnerstag positiv auf das Coronavirus getestet. Trumps Arzt Sean Conley wich bei einer Pressekonferenz einer genauen Antwort auf die Frage aus, ob Trump zusätzlich Sauerstoff erhalten habe.
Superspreading-Event der Republikaner?
Nach Trumps Ansteckung richtet sich der Fokus insbesondere auf eine Veranstaltung mit dem Präsidenten, bei der viele der nun Infizierten waren: Die Vorstellung der konservativen Juristin Amy Coney Barrett als Kandidatin für den freien Posten am Supreme Court vor einer Woche im Rosengarten des Weißen Hauses.
Mehr als 100 Menschen kamen dort zusammen. Teilnehmer umarmten sich und schüttelten Hände, nur wenige aber trugen Masken oder hielten Abstand, wie auf Fotos zu sehen ist.
Es scheine „sehr wahrscheinlich“, dass die Häufung der Infektionen bei republikanischen Spitzenvertretern auf dieses Event zurückgeht, sagte ein hochrangiger Regierungsvertreter CNN. Bei mindestens sieben Teilnehmern seien Tests positiv ausgefallen: Neben dem Präsidenten und First Lady Melania Trump auch bei der früheren Trump-Beraterin Kellyanne Conway, den Senatoren Mike Lee und Thom Tillis, dem Präsidenten der katholischen Universität Notre Dame, John Jenkins, und einem Reporter.
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Darüber hinaus wurde mittlerweile auch bekannt, dass sich unter anderem auch der frühere Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, sowie Trumps Wahlkampfchef, Bill Stepien und der Senator Ron Johnson mit dem Virus angesteckt haben. Der positive Test von Trump-Beraterin Hope Hicks am Donnerstag hatte zahlreiche Tests im Umfeld des Präsidenten nach sich gezogen.
Vizepräsident Pence und Trumps Kinder sollen Wahlkampf fortführen
Solange Trump als Wahlkämpfer ausfällt, sollen seine Kinder und Vizepräsident Mike Pence für ihn einspringen. Trumps Wahlkampfteam rief dafür am Wochenende die „Operation MAGA“ aus – in Anlehnung an das Motto „Make America Great Again“, mit dem es Trump vor vier Jahren ins Weiße Haus geschafft hatte.
Pence soll am 8. Oktober einen ersten Wahlkampfauftritt für Trump in Peoria in Arizona absolvieren. Für den Tag davor ist seine TV-Debatte mit der demokratischen Vize-Kandidatin Kamala Harris in Salt Lake City angesetzt. (dpa/km)