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Emmanuel Macron und Olaf Scholz: Sie und Joe Biden gelten als die Männer der Mitte.
  • Emmanuel Macron und Olaf Scholz: Sie und Joe Biden gelten als die Männer der Mitte.
  • Foto: dpa

Wie die Männer der Mitte die Macht verspielen

In der politischen Mitte werden Wahlen gewonnen – diese alte Weisheit hat noch heute Gewicht. Doch in den USA, Frankreich und Deutschland drohen Politiker der Mitte gerade ihre Macht zu verspielen. Das liegt an eigenen Fehlern – aber auch an einem gesellschaftlichen Wandel.

Sie zählen sich selbst zur politischen Mitte? Dann sind Sie vermutlich weniger an populistischen Parolen und Feindbildern interessiert, dafür stärker an der Lösung Ihrer praktischen Probleme durch die Politik. So jedenfalls definieren Soziologen den Begriff „politische Mitte“.

Mehrheit fühlt sich von der Mitte nicht mehr angesprochen

In der Vergangenheit sind viele Politiker gut damit gefahren, dass sie eine Politik der Mitte versprochen haben. Doch inzwischen gibt es dafür keine Garantie mehr. In den USA droht der sozialdemokratisch angehauchte Präsident Joe Biden die Macht an den rechten Super-Populisten Donald Trump zu verlieren. In Frankreich sieht sich Präsident Emmanuel Macron mit dem „Rassemblement National“  einer starken  Rechtsaußen-Partei gegenüber. Die Chance,  dass ihre populistische Führerin Marine Le Pen bald Präsidentin wird, sind hoch.


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In Deutschland spielen Populisten auf nationaler Ebene noch nicht die Rolle wie in anderen Ländern. Doch auch bei uns bröckelt es in der Mitte merklich. So könnte es schon im Herbst in drei ostdeutschen Bundesländern schwierig werden, Mehrheiten jenseits der AfD und des populistischen „Bündnisses Sahra Wagenknecht“ zu finden. Betrachtet man die fast 30 Prozent Nicht-Wähler, gilt aber auch  für Deutschland die Diagnose: Eine Mehrheit der  Erwachsenen fühlt sich von der politischen Mitte offenbar nicht mehr richtig angesprochen. 

Was hat sich also verändert? Die jüngste Europawahl hat gezeigt, dass sich die politische Mitte insgesamt nach rechts verschoben hat. Zentral dafür ist die Migrationsfrage. Manchmal können Politiker der Mitte nicht widerstehen, sich der Instrumente der Populisten zu bedienen, so wie beispielsweise CDU-Chef Friedrich Merz, der behauptete, Migranten würden Deutschen die Arzttermine wegnehmen. Sich als Politiker der Mitte einen verbalen Wettlauf mit Populisten zu liefern, ist allerdings keine gute Idee. Im Zweifel haben diese immer noch eine radikalere Forderung  im Ärmel.

Der Eindruck: Politiker setzen falsche Prioritäten

Das eigentliche Versagen der Politiker der Mitte findet sich aber bei ihrer Kernkompetenz – der Problemlösung. Beispiel Deutschland: Die meisten Menschen ächzen unter hohen Lebensmittelpreisen und hohen Mieten. Doch beispielsweise beim Wohnungsbau liegt die Ampel weit hinter den (bescheidenen) selbst gesteckten Zielen zurück. Stattdessen hat die Koalition Cannabis legalisiert und die geschlechtliche Selbstbestimmung gestärkt. Das ist schön für bestimmte Minderheiten, doch die Mehrheit hat davon nichts. So entsteht der Eindruck, Politiker der Mitte würden die falschen Prioritäten setzen. Verstärkt wird dieses Gefühl, wenn sich der Rechtsstaat nicht mehr durchsetzen kann – beispielsweise bei Abschiebungen oder  einem überproportional hohen Anteil von „Nicht-Deutschen“ in der jährlichen Kriminalstatistik.

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Noch ist die politische Mitte nicht verloren. Aber ohne eine Neu-Fokussierung der sie vertretenden Politiker wird sie in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Dann haben nur noch die politischen Ränder das Sagen. 

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