Immer wieder sexuelle Übergriffe : Diese Influencerin bringt #MeToo nach Nahost
Kuwait-Stadt –
Werbung für Haarprodukte, Schmink-Tipps und allerhand stylische Mode-Looks: Auf den ersten Blick ist das Instagram-Profil von Influencerin Ascia Al Faraj aus Kuwait wie jedes andere in der bunten Welt des sozialen Netzwerks. Doch dahinter steckt mehr, denn die 31-Jährige ist nicht nur eine der erfolgreichsten Bloggerinnen in Nahost, sondern sie thematisiert auch in der Region unangetastete Themen, wie Geschlechterrollen in der Ehe und sexuelle Übergriffe – und stößt damit gerade die arabische „#MeToo“-Bewegung an.
„In diesem Land gibt es ein Problem mit sexueller Belästigung, ich habe genug davon!“, prangert die zweifache Mutter die Situation in einem ihrer Instagram-Videos an. „Jedes Mal, wenn ich rausgehe, kommt jemand, der mich oder eine andere Frau auf der Straße belästigt.“ Und mit diesem Aufschrei hat die 31-Jährigen bei vielen Frauen einen Nerv getroffen.
Kuwait: Immer mehr Frauen berichten von Übergriffen
Das Video wurde Hunderttausende Male angeklickt, das Thema sexuelle Belästigung wurde in TV-Shows thematisiert. Auch Shayma Shamo aus Kuwait wurde durch das Video von Al Faraj wachgerüttelt, sie rief kurzerhand den Instagram-Account „Ian.asket“ (dt. Ich werde nicht schweigen) ins Leben, auf dem Mädchen und Frauen anonym von ihren Übergriffserfahrungen berichten. Auch Frauen von den Philippinen, aus Russland oder Spanien, die häufig als Hilfskräfte in dem Golfstaat arbeiten, berichten von sexuellen Belästigungen und Übergriffen.
Häufig in den Kommentaren zu finden: Unterstützung von Frauen aus anderen Nahost-Staaten wie etwa Saudi-Arabien. Kuwait erlebt einen „#MeToo-Moment“. Und das in einer muslimischen Gesellschaft, in der patriarchale Strukturen noch tief verankert sind.
Al Faraj: „Wenn ihr nichts beizutragen habt, haltet den Mund“
Al Faraj merkt in einem weiteren Video an: „Wir müssen noch weit gehen.“ Und: „Nichts wird funktionieren ohne die harte Arbeit von Feministinnen.“ Und auch für ihre Kritiker hat sie klare Worte: „Wenn ihr zu der Diskussion nichts Vernünftiges beizutragen habt, haltet den Mund.“
Dabei ist der Golf-Staat zum Teil schon weiter, als beispielsweise Saudi-Arabien. Das kuwaitische Strafrecht stellt sexuelle Belästigung explizit unter Strafe, vergangenes Jahr wurde zudem ein Gesetz gegen häusliche Gewalt verabschiedet. Aber: Frauen werde immer noch die Schuld für Belästigungen gegeben, sagt Shayma Shamo gegenüber dem TV-Sender France24.
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In einem früheren Interview sagte Al Faraj, dass sie eine der ersten gewesen sei, die überhaupt mit dem Mode-Blogging in der Nahost-Region angefangen habe. Das frühere Hidschab-Model, das sich 2018 dafür entschied, sich vorrangig mit offenen Haaren zu zeigen, sagt: „Was eine Frau mit ihrem Körper macht, ist nicht die Entscheidung anderer Personen.“ Und auch beim Thema sexuelle Belästigung kämpft sie nun wieder als eine der ersten.