Tod des Regisseurs: Mutmaßliches Wedel-Opfer Tempel „völlig perplex“
Die Schauspielerin Jany Tempel, die angibt, von Dieter Wedel vergewaltigt worden zu sein, hat sich nach dem Tod des Regisseurs „völlig perplex“ gezeigt. Das sagte ihr Anwalt Alexander Stevens am Mittwoch. Reaktionen aus der Branche auf auf Wedels Tod blieben am Mittwoch zunächst größtenteils aus.
Jany Tempels Anwalt sprach Wedels Angehörigen sein Beileid aus, betonte aber, er gehe davon aus, dass der Prozess gegen Wedel eröffnet und dieser auch verurteilt worden wäre. Das Landgericht München I hatte am Mittwoch eigentlich mitteilen wollen, ob und wann es zum Prozess gegen Wedel kommt.
Dieter Wedel soll Jany Tempel vergewaltigt haben
Die Staatsanwaltschaft hatte Wedel schon im März vergangenen Jahres wegen eines Vorwurfs aus dem Jahr 1996 angeklagt. Tempel gibt an, Wedel („Der große Bellheim“, „Der Schattenmann“) habe sie damals in einem Münchner Luxushotel vergewaltigt – ein Vorwurf, den Wedel bestritten hat.
Seine Mandantin hoffe, dass sich nach Wedels Tod nun mehr Frauen aus der Defensive wagen – und ihre Geschichte erzählen, sagte Anwalt Stevens. Tempel war zuletzt sogar kurzzeitig in den Hungerstreik getreten, um dagegen zu protestieren, dass das Gericht sich mit seiner Entscheidung über eine Verfahrenseröffnung so lange Zeit ließ.
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Die Vorwürfe gegen Wedel waren Anfang 2018 bekannt geworden. Damals beschuldigten drei Schauspielerinnen – darunter Tempel – ihn im „Zeit-Magazin“, sie in den 90er Jahren sexuell bedrängt zu haben. Der Fall wurde der bekannteste in der deutschen #MeToo-Debatte, die 2017 ins Rollen gekommen war. Unter dem Hashtag #MeToo posteten vor allem Frauen in sozialen Netzwerken millionenfach ihre Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen.
„Denke gerade an alle, die durch Dieter Wedel Gewalt und Demütigungen erfahren mussten“, schrieb die Aktivistin Anne Wizorek auf Twitter. Wizorek wurde mit Tweets unter dem Hashtag #aufschrei bekannt, die im Jahr 2013 eine Debatte über Sexismus auslösten. Jany Tempels „Stärke und Mut“ sei es ihr zufolge zu „verdanken, dass es zumindest im Ansatz etwas wie eine #MeToo-Debatte über den Status Quo sexualisierter Gewalt in Deutschland gab“.
Dieter Wedel nannte sich selbst „unerträglich“
Viele Filmschaffende, die mit Wedel zusammengearbeitet hatten, berichteten von einem toxischen Arbeitsklima, von großem Druck, den der Regisseur aufbaute – und von einem harrschen Ton. Wedel selbst nannte sich einmal eine „zickige Diva“: „Dann denke ich: Du bist ja unerträglich, aber trotzdem komme ich da nicht raus.“
Reaktionen aus der Branche auf den Tod Dieter Wedels blieben am Mittwoch zunächst größtenteils aus. Der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, Joern Hinkel, reagierte mit Bestürzung und hob die Verdienste Wedels für das Theaterfestival hervor. „Die Bad Hersfelder Festspiele haben seinem leidenschaftlichen Einsatz und Mut sehr viel zu verdanken. Ihr Ansehen in der Theater- und Festspiellandschaft ist auf sein Ringen um künstlerische Qualität, zeitgemäße Themen verbunden mit hohem Unterhaltungswert zurückzuführen“, erklärte Hinkel. (dpa/fbo)