Trotz Telegram-Wahnsinn: Xavier Naidoo darf in Berlin auftreten
Er hetzt, er schimpft, er verbreitet Verschwörungstheorien und Antisemitismus der übelsten Sorte – und trotzdem soll Xavier Naidoo (49) bald in der Berliner Location „Zitadelle“ auftreten. In anderen Städten wurde und wird hingegen immer wieder über ein Auftrittsverbot des radikalisierten Soul-Sänger gestritten, so wie aktuell in Rostock. Die Veranstalter in der Hauptstadt stehen derzeit allerdings noch hinter Naidoo.
Es gab Zeiten, da sang Xavier Naidoo von Liebe, Herzschmerz und Freundschaft – doch von dem sanften Schmusebarden von einst ist nicht mehr viel übrig. Aus dem Gründer der „Söhne Mannheims“ ist mittlerweile nicht nur ein radikaler Gegner der Corona-Politik geworden, sondern noch schlimmer, ein Holocaust-Leugner und Juden-Hetzer, der schimpft und beleidigt. Auf seinem Telegram-Kanal nennt er den Zentralrat der Juden den „Zentralrat der Lügen“ und „Lügenbande“ und ist der Meinung, dass sich die Welt „Untertan gemacht“ hat.
Xavier Naidoo nennt Attila Hildmann seinen „Bruder im Geiste“
In einem von ihm verbreiteten Video wird etwa behauptet, mit den Konzentrationslager-Gas Zyklon B. ließen sich gar keine Menschen vergasen. Und: Der Holocaust sei somit eine „gelungene historische Fiktion“ beziehungsweise „ein Märchen“. Den prominentesten Corona-Schwurbler, Antisemiten und mittlerweile mit Haftbefehl gesuchten Attila Hildmann nennt Naidoo schon länger auf Telegram seinen „Bruder im Geiste“. Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, schloss er sich zuletzt zudem einer kleinen Gruppe von Verschwörungsideologen an, die sich „Die Konferenz“ nennt. Ebenfalls hier mit dabei: der wegen Volksverhetzung verurteilte Rechtsextremist und ehemalige Sänger der rechtsextremen Hooligan-Band „Kategorie C“ Nikolai Nerling.
Sind Konzerte von Naidoo da überhaupt noch zu rechtfertigen? Die Location „Zitadelle“ in Berlin-Spandau und Veranstalter Trinity Music finden: Ja. Wie im „Tagesspiegel“ berichtet wird, verspricht der Veranstalter, dass in Kürze ein Ersatztermin für das Naidoo-Konzert bekanntgegeben wird. Eigentlich war es für den 1. August geplant – musste aber aufgrund von Corona ausfallen.
„Zitadelle“ in Berlin: Konzert von Xavier Naidoo soll stattfinden
Auch das Bezirksamt, das Eigentümer der Zitadelle ist, sieht keine „rechtlich haltbare Möglichkeit“, das Konzert zu untersagen. Weiter heißt es: „Der Konzertveranstalter Trinity Music veranstaltet die Konzerte auf der Zitadelle Spandau eigenständig und wählt Künstler für diese Konzerte eigenverantwortlich aus.“ Von dem Ober-Schwurbler scheint man sich auch sonst in keiner Weise distanzieren zu wollen. So heißt es auf der Homepage der Firma, dass Naidoo sich „stets für seine Musik, seine Identität und seine Unabhängigkeit engagiert“.
Auch gegenüber dem „Tagesspiegel“ will Trinity-Geschäftsführer Thomas Spindler nicht sagen, ob ihm das Verbreiten der Holocaust-Leugnung und die fortwährende Beschimpfung von Juden durch Naidoo bekannt sind. Man solle aufhören, ihn zu belästigen. Stephanie Lipka, bei Trinity fürs Booking zuständig, erklärt gegenüber der Zeitung, es gebe „definitiv relevantere Dinge, über die eine Berichterstattung erfolgen sollte“.
Andernorts gibt es deutlich mehr Gegenwind für Naidoo. So will seine Heimatstadt Mannheim einen geplanten Auftritt am 9. Oktober verhindern – und auch in Rostock ist ein geplantes Konzert des Sängers in der Stadthalle Thema. Mit mit dem sich am Mittwoch auch die Bürgerschaft der Stadt erneut auseinandersetzte.
Rostock: Naidoo-Konzert findet wohl statt
Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen (parteilos) hatte Widerspruch gegen eine frühere Entscheidung der Bürgerschaft eingelegt. Die hatte zuvor beschlossen, das Konzert Naidoos nicht zuzulassen. Die Vertreter von Linken, SPD und Grünen hatten dies damit begründet, dass Naidoo den Reichsbürgern und der QAnon-Bewegung nahestehe und rassistische Ressentiments schüre.
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Beobachter gehen nun davon aus, dass es am Mittwoch keine Absage des Konzertes mehr geben wird. Der grüne Fraktionschef Uwe Flachsmeyer kündigte an, sich beim Antrag von Linken und SPD enthalten zu wollen. Ohne ihre Stimmen wird sich unter den 53 Mitgliedern der Bürgerschaft kaum eine Mehrheit dafür finden, Xavier Naidoo sein Konzert in der Rostocker Stadthalle zu verwehren. Ein langwieriger Rechtsstreit zwischen OB und Bürgerschaft wäre nicht zielführend, heißt es weiter.