Russischer Impfstoff: Kommt Sputnik V jetzt nach Deutschland?
Berlin –
Jetzt geht Deutschland bei der Impfstoffbeschaffung eigene Wege: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat angekündigt, mit Russland über die Lieferung des Impfstoffs „Sputnik V“ zu verhandeln. Die EU hatte zuvor erklärt, diesen nicht bestellen zu wollen. Welche Rolle könnte der Impfstoff auf dem Weg aus der Pandemie spielen?
Die EU will den russischen Impfstoff nicht beziehen. Offizielle Begründung: Europa habe bald genug eigenen Impfstoff. Trotzdem kündigte Spahn nun Gespräche mit dem Kreml über eine Lieferung an. „Um wirklich einen Unterschied zu machen in unserer aktuellen Lage, müsste die Lieferung schon in den nächsten zwei bis vier, fünf Monaten kommen – ansonsten haben wir so oder so mehr als genug Impfstoff“, sagte Spahn.
Spahn kündigt Gespräche mit dem Kreml an
Außerdem setze die Bundesregierung weiterhin auf eine Zulassung des Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). Spahn forderte Russland deshalb auf, die fehlenden Daten zu liefern. Die EMA prüft Sputnik V seit einigen Wochen in einem „rollenden Verfahren“ – bisher ohne abschließendes Ergebnis. Die veröffentlichte Datenlage ist dünn. Sie basiert im Wesentlichen auf einer Studie mit 20.000 Probanden. Allerdings hat selbst der Chef der Ständigen Impfkommission (STIKO), Thomas Mertens, Sputnik bereits als „guten Impfstoff“ gelobt.
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Bisher ist das russische Vakzin in 54 Ländern zugelassen und kommt verstärkt in Osteuropa zum Einsatz. Allerdings hatte die Slowakei eine Charge erhalten, die nicht zu den Beschreibungen passte, deshalb wurde sie nicht verimpft.
Ankündigungen zu Sputnik V sorgen für gemischte Reaktionen
Eine rasche Versorgung mit Sputnik V wäre nach einer Zulassung wohl nicht unmöglich. In Bayern soll der Impfstoff in Lizenz produziert werden. CSU-Chef Markus Söder hatte bereits einen Vorvertrag über 2,5 Millionen Dosen abgeschlossen. Und der staatliche russische Direktinvestmentfonds RDIF, der Sputnik V im Ausland vertreibt, erklärt, er könne bis Mitte des Jahres 50 Millionen Dosen in die EU liefern.
Bei AstraZeneca oder Biontech sind 2020 Verträge über einen Kauf abgeschlossen worden, bevor die Impfstoffe eine Zulassung hatten. Spahns Ankündigung, nun in Verhandlungen mit Russland zu treten, obwohl Sputnik noch keine Zulassung hat, sorgt für gemischte Reaktionen. Auch in Hamburg. „Der Senat setzt bislang und auch weiter auf die Impfstoff-Beschaffung durch die EU bzw. den Bund, die auf seriösen Lieferverträgen beruhen“, erklärte ein Sprecher auf MOPO-Anfrage. „Wir setzen insofern auch darauf, dass die Angaben des Bundesgesundheitsministers zutreffen und in den kommenden Wochen und Monaten größere Mengen eintreffen, die dann für die Versorgung der Hamburger Bevölkerung völlig ausreichend sind.“
Aber vor allem in den neuen Bundesländern ist die Stimmungslage eine andere. Dort steht man Sputnik V offen gegenüber. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte, er könne sich eine Bestellung gut vorstellen, da für die Impfkampagne sehr viel Impfstoff benötigt werde. Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) erklärte gestern sogar, er habe – ähnlich wie Bayern – eine Million Impfdosen für sein Bundesland vorbestellt. Und Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) fordert, der Bund solle gleich für alle Bundesländer bestellen.