Schicksalswochen für die Schulen: Neue Leitlinien: Geht so mehr Präsenzunterricht?
Seit Wochen befindet sich ein Großteil der gut 8,3 Millionen Schüler im Homeschooling. Das Distanzlernen bringt viele Familien an die Grenzen, die Nerven liegen blank. Eltern verzweifeln und bangen um die Bildung ihrer Kinder. Eine neue Leitlinie des Bundesbildungsministeriums macht jetzt Hoffnung. Verkündet Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schon am Mittwoch eine schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht?
Es ist verzwickt: Einerseits kann das Coronavirus in Schulen schnell weiter verbreitet werden. Andererseits leiden Kinder und ihre Familien im Homeschooling.
Schule während Corona: Längerfristige Strategie nötig
Eine neue Leitlinie des Bundesbildungsministeriums unter Anja Karliczek (CDU), für die 40 internationale Studien zum Effekt von Hygienemaßnahmen in Schulen ausgewertet wurden, macht jetzt Hoffnung auf eine Rückkehr zu mehr Präsenzunterricht. Diese Leitlinie soll mit konkreten Handlungsempfehlungen helfen, das Infektionsgeschehen an Schulen so gering wie möglich zu halten.
Gespannt darf man daher auch sein, welche neue Strategie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim Bund-Länder-Treffen am Mittwoch auf den Weg bringen wird. Aus Online-Beratungen des CDU-Präsidiums soll durchgesickert sein, dass Merkel eher auf eine längerfristige Strategie setzen wird – die darauf abzielen könnte, die Zeit bis zur Fertigstellung eines speziellen Kinder-Impfstoffs zu überbrücken.
Dies könnte laut des Virologen Christian Drosten aber frühestens im Herbst soweit sein. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist da zuversichtlicher: Er glaubt an den Sommer.
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In der neuen Leitlinie ist derweil neben den üblichen AHA+L-Regeln ein ganzes Paket unterschiedlicher Maßnahmen aufgeführt. Soziale Kontakte sollen je nach Höhe des Infektionsgeschehens reduziert werden, beispielsweise durch eine Aufteilung der Schüler in kleine Gruppen (Kohorten), auf die der Kontakt jeweils beschränkt ist.
Eine Möglichkeit ist auch der tägliche oder wöchentliche Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht mit halbierten Klassen. Oder einem Präsenzunterricht gestaffelt nach Jahrgängen: Die jüngeren Kinder lernen dabei in der Schule, die älteren Schüler zuhause.
Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands übt Kritik an neuen Leitlinien des Bundes
Auch der Einsatz von Masken, Lüftungsstrategien und der Umgang mit Krankheits- und Verdachtsfällen je nach Symptomen werden empfohlen. Ebenso bestimmte Maßnahmen für den Schulweg: Hier soll die Zahl der Schüler in Bussen und Bahnen durch einen zeitlich versetzen Unterrichtsbeginn verringert werden.
„Die Leitlinie beinhaltete viele vernünftige Punkte“, sagt Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Lehrerverbands, zur MOPO. „Unser Hauptkritikpunkt ist aber, dass sich die Maßnahmen nach abstrakten Kategorien, wie einem geringem oder hohem Infektionsgeschehen richten.“ In der Umsetzung wüssten die Schulen nicht, was das konkret bedeute und wann welche Maßnahmen anzuwenden seien.
Deutscher Lehrerverband: Inzidenzbasierter Stufenplan für Schulöffnungen
Der Deutsche Lehrerverband hatte selbst einen Stufenplan vorgeschlagen, der auf konkreten Inzidenzen basiert. Ab einer Inzidenz von unter 50 ist demnach eine Rückkehr zum Wechselunterricht mit halbierten Klassen möglich. Falls die Infektionszahlen aber steigen, müssten die Schulen wie durch eine „Notbremse“ sofort wieder geschlossen werden, so Meidinger zur MOPO.
Dazu fordert der Verband unter anderem schnellstmögliche Impfungen für Lehrer. Dabei soll älteren Menschen oder Pflegepersonal kein Impfstoff streitig gemacht werden, betont Meidinger. „Aber wenn es freie Kapazitäten gibt, wäre es gut, Lehrer so bald wie möglich einzubeziehen.“
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Und wie sollte an Schulen langfristig mit den Lücken umgegangen werden, die durch die Pandemie entstanden sind? Die meisten Schüler werden das Versäumte im Laufe ihrer Schullaufbahn wieder aufholen können, glaubt Meidinger. Für Abiturienten sollten Prüfungen etwa durch einen späteren Termin oder durch eine größere Auswahl an Prüfungsfragen angepasst werden.
„Aber Schüler, die schon Lücken aus dem letzten Jahr haben, können die Pandemiejahre kaum noch aufholen“, so der Oberschuldirektor.