Der Tag, an dem Berthold Walter ein tödliches Zeichen setzte
Er wusste keinen anderen Ausweg mehr. War völlig verzweifelt. Es war der 7. August 1935. Berthold Walter fuhr mit dem Paternoster hinauf in den 7. Stock, kletterte aufs Dach. Für den wunderschönen Ausblick auf die Stadt dort oben hatte er sicherlich keinen Sinn in diesem Augenblick. Er hielt einen Moment inne, dann stürzte er sich in den Lichthof der Finanzbehörde am Gänsemarkt – das Ende jahrelanger Ausgrenzung und Erniedrigung.
Um sich dem physischen und psychischen Terror zu entziehen, nehmen sich damals in Deutschland rund 10 000 Juden das Leben, in Hamburg sind es mindestens 319. Berthold Walter ist einer von ihnen.
Noch 1935 verfasst die sozialistische Widerstandskämpferin Hilde Meisel ein Gedicht über Berthold Walters Tod: „Von dieser Brüstung werde ich gleich springen. Gleich wird mein Körper auf dem Hof zerschellen. Ich höre noch von dem Bettler drüben singen, ich höre einen Hund ein Pferd anbellen. Gleich werde ich gestorben sein. Ich sterbe mitten im Gewühl der Stadt, und nicht im Kämmerlein mit Veronal, denn wer den Todessprung verschuldet hat, wer schuldig ist an meiner Lebensqual, soll ihren schreckensvollen Ausgang sehn. Als alter Jud, schwach und hoffnungslos, kehrt‘ ich zurück ins Deutschland der Barbaren. Ich wollte arbeiten. Ich wollte bloß den Kindern, die so lange hungrig waren, ein wenig Brot und Kleidung noch verschaffen.“
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