Introvertiert und leise: Warum Erfolg nicht immer was mit laut sein zu hat
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Lübeck –
Selbstbewusst, schlagfertig, gesellig: Alles Eigenschaften, die in unserer Gesellschaft als wertvoll und positiv gelten. Es ist eine Welt der Lauten, der Extravertierten, in der wir uns bewegen. Deutlich mehr zu kämpfen haben die Stillen, die Introvertierten. Sie werden häufig übersehen, unterschätzt oder als „irgendwie komisch“ abgestempelt. In der aktuellen Folge von „Frau FM – laut und weiblich“ spricht Melina Royer (33) aus Lübeck über Introversion – und die große Kraft, die darin liegt.
Zu einem Problem wurde Royers zurückhaltende Art zum ersten Mal, als sie ihren Schulabschluss machte: „Ich war in der Oberstufe sehr zurückhaltend und auch ängstlich. Ich hatte Angst vor bestimmten Lehrern oder Fächern“, erinnert sie sich. „Das hat sich dann so gesteigert, dass ich zu manchen Unterrichtsfächern nicht mehr erschien.“
Intro- und Extraversion: Was ist das eigentlich?
Sollten ihre Ängste also fortan ihr Leben bestimmen? Royer, die sich durch ihre ruhige Art meist nicht zugehörig gefühlt hat, begann Bücher über das Thema zu lesen, sich Menschen anzuvertrauen, um zu verstehen, warum sie „anders“ ist. „Wo vorher ein Gefühl der Trennung zu anderen Menschen war, konnte ich mich endlich wieder öffnen“, sagt sie. Doch was heißt es eigentlich genau, intro- oder extravertiert zu sein?
Bei Intro- und Extraversion handelt es sich um ein Temperament, das genetisch veranlagt ist. Eine Studie der Universität Iowa hat herausgefunden, dass sich die Gehirnaktivitäten unterscheiden. In Gehirnen von Introvertierten sind die Bereiche, die unter anderem für Planungen und Problemlösungen zuständig sind, besser durchblutet. Bei Extravertierten sind es Bereiche in denen die Verarbeitung von äußeren Sinneseindrücken, wie Hören und Sehen stattfindet. Gehirne von Introvertierten sind im Normalzustand bereits stark stimuliert, Extravertierte müssen sich die Stimulation von außen holen.
Schüchternheit hat nicht immer was mit Introversion zu tun
„Die meisten gehen davon aus, dass es diese zwei Schubladen gibt: Intro- und Extraversion – und in eine davon passt man dann rein. Aber es sind zwei Pole“, erklärt Royer. „Wir alle befinden uns in einem Spektrum dazwischen.“ Der Unterschied: Während Extravertierte Energie aus gesellschaftlichen Aktivitäten ziehen, laden „Intros“, wie sich Royer selbst bezeichnet, eher auf, wenn sie sich mit ihrer Innenwelt beschäftigen.
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Häufig werde auch Schüchternheit mit Introversion gleichgesetzt, da bestehe aber ein wichtiger Unterschied. Denn Schüchternheit sei eine antrainierte soziale Angst, die durchaus auch bei extravertierten Menschen auftritt.
Introversion muss kein Hindernis für die Zukunft sein
Mittlerweile hat Royer ihren Weg gefunden, steht auf Bühnen und hält Vorträge. Sie habe ihre „Komfortzone erweitert“ sagt sie. Grenzen setzen fällt ihr mittlerweile leichter. Sie rät, sich nicht zu verstellen, sondern sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Seine Stärken zu kennen und zu wissen, was einem nicht guttut – Introversion muss kein Hindernis sein in dieser Welt der Lauten.
Über unseren Gast – Melina Royer
Melina ist Kommunikationsdesignerin, Autorin und Gründerin des Online-Magazins „Vanilla Mind“. Seit 2014 macht sie dort zurückhaltenden Menschen Mut, selbstbewusster über sich und ihre Arbeit zu sprechen. Ihr erstes Buch „Verstecken gilt nicht“ erschien 2017 in der Random House-Verlagsgruppe. Mit ihrem Mann Timon moderiert sie außerdem den Podcast „Still & Stark“.
Auf Instagram ist sie unter dem Namen @vanillamindde zu finden. Sie nimmt ihre Follower mit durch ihren Alltag, gibt Tipps, wie die Arbeit gelingen kann und nimmt vielen den Druck, immer perfekt sein zu müssen. Sie ermutigt andere dazu, auch vermeintlich unproduktive Tage zu schätzen, dass es in Ordnung ist, Dinge zu vergessen, Fehler zu machen oder sich auch mal Zeit zu nehmen.
Noch mehr auf die Ohren gibt es unter mopo.de/podcast.