• Jeder fünfte Deutsche erkrankt im Laufe seines Lebens an einer Depression.
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Depressionen: Bin ich nur schlecht drauf oder schon krank?

Jeder fünfte Deutsche erkrankt in seinem Leben an einer Depression. Auch vermeintlich erfolgreiche, glückliche und sorgenfreie Menschen trifft es. Wer ist besonders gefährdet? Wie wird eine Depression diagnostiziert und behandelt? Dr. Alexander Spauschus ist Chefarzt der Psychiatrie und Psychotherapie an der Schön-Klinik in Eilbek. Er beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Dr. Alexander Spauschus ist Chefarzt der Psychiatrie und Psychotherapie an der Schön-Klinik in Eilbek.
Foto: Schön Klinik/hfr

MOPO: Täuscht der Eindruck oder werden immer mehr Menschen depressiv?

Dr. Alexander Spauschus: Gerade jetzt in Zeiten der Pandemie sind psychische Erkrankungen auf dem Vormarsch, und damit werden auch Depressionen häufiger. Vor Corona war die Anzahl der diagnostizierten Depressionen aber konstant. Jeden Fünften trifft es statistisch gesehen im Laufe seines Lebens – Frauen dabei doppelt so häufig wie Männer. Sehr begrüßenswert ist, dass heutzutage offener mit einer Depression umgegangen wird. Wenn Prominente in der Öffentlichkeit über ihre Krankheit reden, dann ermutigt das sicherlich mehr Menschen, sich Rat vom Arzt zu holen. Keiner braucht sich zu schämen, wenn er mit einer schlechten Stimmung nicht alleine umgehen kann.

Was genau ist eigentlich eine Depression?

Eine psychische Erkrankung wie eine Depression ist eine Erkrankung, für die man nichts kann. Sie kann jeden treffen. Das Hauptsymptom einer Depression ist eine gedrückte Stimmung, die länger andauert. Die Ursache kann vielfältig sein. Oft kommen mehrere Dinge zusammen. Man spricht von einem bio-psychosozialen Entstehungsmodell, was bedeutet, dass sowohl die Gene als auch psychosoziale Faktoren die Entstehung einer Depression begünstigen.

Eine Depression ist vererbbar?

Nicht vererbbar wie die klassischen Erbkrankheiten, aber wir wissen heute: Wenn Verwandte ersten Grades an einer Depression erkranken, habe auch ich ein um 50 Prozent erhöhtes Risiko. Auslöser können auch bestimmte Medikamente wie Betablocker, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit oder der Tod eines geliebten Menschen sein. Und natürlich die Lebensumstände und Lebensführung. Ein Beispiel wäre eine längerfristige Überforderung am Arbeitsplatz, die dann in einer Depression münden kann.

In welchem Alter erkrankt man häufiger?

Sowohl der Zeitpunkt der Ersterkrankung als auch der Verlauf der Depression – der ja auch mal chronisch sein kann oder mit wiederkehrenden Phasen – sind individuell sehr verschieden. Früher dachte man, es gibt einen Altersgipfel zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr. Aktuelle Daten sagen aber, dass die Hälfte der Erkrankten bereits vor dem 31. Geburtstag erstmalig eine Depression entwickelt.

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Jeder hat Phasen, in denen er mal nicht so gut drauf ist. Wie erkenne ich eine Depression?

Phasen der Trauer oder Niedergeschlagenheit kennt jeder, und sie gehören zu unserem Dasein dazu genauso wie Hochphasen. Wann daraus eine Depression wird, ist nicht immer leicht zu erkennen – die Übergänge sind fließend. Ein wichtiges Kriterium ist die Zeit. Die Symptome müssen mindestens schon seit zwei Wochen auftreten.

Es gibt drei Hauptsymptome: die gedrückte Stimmung, Antriebsschwäche und eine Freud- und Interesselosigkeit. Darüber hinaus treten auch Nebensymptome wie Schlafstörungen, Appetitverlust oder Konzentrationsstörungen auf. Gravierend sind aber zum Beispiel lebensmüde Gedanken, die wir auch als Suizidalität bezeichnen. Je nachdem, wie viele von diesen Hauptsymptomen und Nebensymptomen vorhanden sind, wird dann eine Einteilung der Depression nach Schweregrad von leicht- über mittel- bis schwergradig vorgenommen. Ich rate jedem, der die genannten Symptome über einen längeren Zeitraum hat, sich Rat beim Arzt zu suchen. Der erste Ansprechpartner kann der Hausarzt sein.

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Seelische Leiden betreffen uns alle und dürfen kein Tabuthema sein. Aus diesem Grund hat das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit die Initiative „Grüne Schleife“ ins Leben gerufen. Jeder, der die „Grüne Schleife“ trägt, setzt ein Zeichen gegen Diskriminierung und Ausgrenzung.
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Sind Großstädter häufiger betroffen?

Ja, das ist in der Tat so. Aber auch wer sozial sehr zurückgezogen lebt und wenig Kontakte pflegt, hat ein höheres Risiko. Die Auslöser sind individuell – das macht die Krankheit sehr anspruchsvoll und herausfordernd im Umgang mit den Betroffenen.

Wie wird eine Depression behandelt?

Das hängt vom Schweregrad ab. Manchmal kann es sinnvoll sein, den Patienten stationär im Krankenhaus aufzunehmen, z.B. wenn etwa das häusliche Umfeld belastend ist. Im Krankenhaus kann der Erkrankte wieder zu sich finden. Grundsätzlich ist es aber so, dass leichte bis mittlere Depressionen ambulant therapiert werden können. In den meisten Fällen findet eine Gesprächstherapie statt – in Ausnahmefällen werden Medikamente verschrieben. Die Behandlung kann durchaus drei Monate oder länger dauern. Man kann aber die Depression gut behandeln, und die Erkrankten haben wieder Freude am Leben. Es kann dennoch sein, dass nach einer ersten Depression – oft Jahre später – eine zweite Episode folgt. Das erhöhte Risiko bleibt bestehen.

Kann man einer Depression vorbeugen – gerade jetzt in der Corona-Zeit?

Entspannungsübungen oder Yoga, regelmäßige körperliche Aktivität – wie ein täglicher Spaziergang an der frischen Luft – tun uns gut. Auch soziale Kontakte sind wichtig. Während der Pandemie natürlich per Telefon.

Dieses Interview mit Dr. Alexander Spauschus ist ein Auszug aus unserem Gesundheits-Podcast „Butter bei die Nierchen“. Um das vollständige Interview zu hören, klicken Sie einfach unten auf den Player oder gehen zu Ihrem Podcast-Anbieter wie zum Beispiel bei Spotify oder Apple Podcast

Im Podcast „Butter bei die Nierchen!“ sprechen wir regelmäßig mit Ärztinnen und Ärzten aus unterschiedlichen Fachbereichen darüber, wie Sie gesund bleiben oder gesund werden.

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