Faszientraining: Mit der Rolle zur Entspannung
Über 90 Prozent der Rückenschmerzen lassen sich auf eine zu hohe Spannung der Muskeln und Faszien zurückführen. Wer sich zu selten sportlich bewegt oder zu einseitig trainiert, riskiert, dass sich das muskulär-fasziale Gewebe auf Dauer verspannt. Faszientraining kannte bis vor Kurzem noch niemand – heute bieten Fitnessstudios ganze Kurse dafür an. Aber auch zu Hause kann jeder seine Faszien trainieren. Die Rollen und Bälle dazu sind schnell besorgt. Das Versprechen: Wer die Faszien trainiert, der trainiert den ganzen Körper.
Faszien sind keine neu entdeckte Struktur in unserem Körper. Bis vor ein paar Jahren zählte man sie mit zum Bindegewebe. Das sind die Körperzellen, die dafür sorgen, dass Wasser, Muskelfasern, Nerven und andere Körperstrukturen stabil und in Form bleiben. Die Faszien werden als eine weiße, wenige Millimeter dicke Schicht beschrieben, die sich unter der Haut bildet, um Muskeln und Organe zu befestigen und zu umschließen. Sie geben dem Körper die nötige Stabilität und schützen bei schnellen Bewegungen die Organe und Muskeln. Sind die Faszien aber durch einseitige Bewegungen, Stress oder zu wenig Flüssigkeit regelrecht verhärtet, kann es schnell zu Verspannungen und Schmerzen kommen.
Unser Experte: Zan Naglic ist einer der Inhaber von „Painfree Fascia“ und arbeitet auch als Personal-Coach und Kurstrainer (www.coach-zan.com). Als Leiter von Präventionskursen vermittelt er Menschen eine Mischung aus Dehn-, Streck-, Kraft- und Entspannungsübungen. Er sagt: „Gerade in der Corona-Zeit haben mehr Menschen Stress und bewegen sich weniger. Das macht sich körperlich schnell bemerkbar.“ Zan Naglic hat fünf Übungen zusammengestellt, die jeder mit einer Faszienrolle und wenig Aufwand zu Hause durchführen kann. Für alle Übungen gilt: Nicht ständig auf der Faszien-Rolle hin und her rollen, sondern „seinen“ Punkt (darf auch gerne etwas schmerzen) finden und dort etwa für zwei Minuten aushalten. Für jede Übung drei Wiederholungen.
1. Übung: Iliotibial-Band
Sie legen sich mittig mit der Außenseite des Oberschenkels auf die Faszienrolle. Dabei stellen Sie das jeweils andere Bein vor das auf der Rolle. Der Fuß steht stabil auf dem Boden und gibt so Halt. Auch der Unterarm liegt fest auf dem Boden. Mit langsamen Bewegungen rollen Sie die Außenseite des Oberschenkels aus, indem Sie sich leicht nach vorne und zurück bewegen. Spüren Sie Zentimeter für Zentimeter den Oberschenkel entlang. Haben Sie Ihre empfindliche Stelle gefunden? Bleiben Sie für etwa 90 Sekunden auf diesem Punkt stehen und intensivieren durch Gewichtsverlagerung die Übung.
2. Übung: Oberschenkel
Sie knien sich hin und legen die Rolle vor das linke Bein. Das rechte Bein wird gebeugt und zur rechten Seite etwa rechtwinklig abgespreizt. Es bleibt während der ganzen Übung immer am Boden. In dieser Position wandern Sie mit den Händen langsam nach vorne, sodass der linke Oberschenkel auf der Rolle liegt. Das linke Bein sollte gestreckt sein. Auch hier finden Sie „Ihre“ Position und bewegen sich dann leicht hin und her, um die Intensität zu steigern. Fortgeschrittene winkeln das linke Bein im 90-Grad-Winkel an. Das erhöht den Druck auf die Rolle. Mit dem anderen Bein wiederholen.
3. Übung: Unterer Rücken
Sie legen sich auf den Rücken und schieben die Faszienrolle unter den unteren Rücken. Lassen Sie sich dabei Zeit, um das Gewicht langsam auf die Rolle zu verlagern. So können Sie sich vorsichtig an die Position herantasten. Wenn Sie „Ihre“ Position, die für Sie angenehm ist – es darf aber gerne etwas ziehen –, gefunden haben, heben Sie abwechselnd ein Bein in die Luft. Wenn Sie geübt sind, dann versuchen Sie, beide Beine gleichzeitig in die Luft zu heben. Die Knie bleiben rechtwinklig gebeugt. Um die Intensität zu steigern, schaukeln Sie die Beine leicht von rechts nach links. So werden die Faszien des unteren Rückens massiert. Nach etwa zwei Minuten legen Sie die Beine wieder ab.
4. Übung: Wade
Sie legen die Rolle unter Ihre Wade etwa eine Handbreit von der Ferse entfernt. Fühlen Sie sich langsam in die Position hinein und suchen Sie „Ihren“ Punkt. Nach und nach mehr Druck auf die Rolle geben, indem Sie das andere Bein als zusätzliches Gewicht nutzen. Wenn Sie sich in der Position wohlfühlen, beginnen Sie, das Bein nach links und rechts zu drehen. Dadurch bewegen Sie die Wade quer über die Rolle und steigern die Intensität. Zusätzlich können Sie den Fuß beugen und strecken. Sie werden merken, dass sich dadurch der Druck nochmals steigern lässt.
5. Übung: Nacken
Sie legen sich mit dem Nacken auf die Rolle. Die Beine können Sie gebeugt oder gestreckt halten, je nachdem was sich für Sie besser anfühlt. Versuchen Sie, sich komplett zu entspannen. Dabei hilft es, wenn Sie sich auf Ihren Atem fokussieren und die Augen schließen. Wenn Sie eine für Sie angenehme Position auf der Rolle gefunden haben, dann drehen Sie den Kopf langsam nach links und rechts, so als wenn Sie nein sagen wollen. Durch die Bewegung entspannen die Strukturen im Nacken noch mehr.